123. Drei Taube

[523] Es arbeitete einmal ein Tauber an einem Zaun. Zu diesem kam ein anderer Tauber, dieser war Hirt bei den Ziegen, und die Ziegen hatte er verloren. Jetzt ging er, sie zu suchen. »Du, Kamerad, hast du nicht gesehen, wo zu meine Ziegen gegangen?« Der Gefragte hatte verstanden, der frage, bis wohin er den Zaun machen solle, und zeigte mit der Hand: »Bis dahin.« – »Dahin sind meine Ziegen gegangen? Laß nur, wenn ich sie finde, schenke ich dir auch eine, die mit den abgebrochenen Hörnern.« Er ging und fand richtig alle Ziegen nicht weit entfernt grasen. Hierüber froh, brachte er die versprochene dem Tauben, welcher den Zaun machte. Dieser dachte, der glaube, er habe der Ziege die Hörner abgebrochen und sprach: »Ich habe sie nicht abgebrochen.« Der andere: »Ich bringe dir sie, weil ich sie ja versprochen habe.« – »Ich habe die Hörner nicht abgebrochen.« Da fingen sie sich beide an zu zanken und gingen zum Richter. Als sie hinkamen, war der nicht zu Hause, nur seine taube Tochter. Sie erzählten den Streit ihr, diese verstand aber, beide wären wegen[523] ihr gekommen, sie wollten sie heiraten, und sagte: »Mein Vater ist nicht zu Hause. Aber wenn er kommt, will ich es ihm sagen, und ich werde den von euch nehmen, welcher zuerst kommt.«

Ana Iacob, Alzen.

Quelle:
Schullerus, Pauline: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal. Bukarest: Kriterion 1977, S. 523-524.
Lizenz:
Kategorien: