1293. Die weisse Schlange und das Laubblatt.

[181] An einem Ort des Kantons Uri hatte es sehr viele »Wirm«, die den Menschen überaus lästig wurden. Man hätte sie billig gegeben. Da kam einst ein Fremder des Weges und sah, dass die Gegend von diesen Tieren völlig wimmelte. Er anerbot sich den Leuten, sie von dieser Landplage zu befreien, sie könnten ihm dafür geben, was sie wollten. Von Herzen gern nahmen sie sein Anerbieten an. Mit einem Schwert zeichnete der Fremdling einen Kreis in den Erdboden, legte mitten darin ein Laubblatt und sich selbst daneben und fing an zu pfeifen. Da kamen die Wirm scharenweise heran aus allen Gebüschen und zwischen allen Steinen hervorgekrochen bis an den Kreis, aber nicht weiter. Endlich kam auch ein weisser durch die Lüfte und schoss gerade auf das Laubblatt los und zerplatzte.


Nikolaus Inderkum, Schattdorf.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 181.
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