1319. Das Härdmandli und der Föhn.

[195] Auf den Arnibergen ob Amsteg hausten ehemals in Erdhöhlen die Härdmandli1, auch Heidenmandli und wilde Mandli genannt.

Ein solches kam einst zum Bauer im Styniberg, blieb und diente ihm um die Kost. Es war ein sehr zuverlässiger Geselle, der Bauer konnte ausbleiben, solange er wollte, das Mandli besorgte alles pünktlich, hütete, hirtete und molk das Vieh. Aber einmal sollte sich der Meister doch täuschen. Mehrere Tage blieb er aus im festen Vertrauen, dass sein Gehilfe wie gewohnt das Vieh besorge. In seiner Abwesenheit fiel der Föhn ein und begann seine stürmische Herrschaft. Als der Bauer endlich heimkam, da war das Vieh am Verhungern, und das Härdmandli liess sich nirgends blicken; er stieg in den Obergaden, um schnell Heu zu schroten, und siehe! da lag das Knechtli »ammänä Chrugäli« tief im Heustock. Der Mann machte ihm Vorwürfe, aber es entschuldigte sich mit dem bösen Föhn, der den Leuten das Mark in den Beinen trockne, ohne dass sie's nur merken, und bat ihn, er möchte es da im Heustock belassen, bis der böse Föhn abgezogen sei.


Jos. Maria Tresch, Frz. Jos. Zurfluh, und a.


Fußnoten

1 Den Namen Härdmandli brauchte ein einziger Erzähler. Er hat ihn wahrscheinlich anderswo gehört.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 195-196.
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