Der Klapperstorch.

[44] Es waren eine Braut und ein Bräutigam und viele Klapperstörche in der Gegend, wo sie wohnten. Da sagte einmal die Braut zu ihrem Bräutigam: »Schiess doch einen Storch«. Allein der Bräutigam wollte keinen Storch schiessen, zuletzt schoss er aber doch und einem Storche das Bein lahm. Danach dann war der Mann zu Schiffe gegangen und kam an einen Strand, wo sehr viele Elsen standen. Da kam eine Frau121 und sagte: er sollte mitkommen und der Mann ging mit. Und sie gingen unter das Wasser und kamen in ein Haus, das war sehr schön und es gab auch »schönes« zu essen. Da kam auch der Mann, dem es gehörte. Der hinkte und fragte: »Kannst Du Dich entsinnen, wie Du dazumal nach dem Storche geschossen hast? Das bin ich gewesen«. Dann gab er ihm ein Geschmeide, das war sehr schön und glänzend, das sollte er mitnehmen und seiner Braut schenken. Und der Mann nahm es mit. Wie er aber nach Hause kam, da hiessen ihn andere aus, er sollte es seinem Hunde anlegen. Das that er, und sowie er das Geschmeide ihm anlegte, zersprang der Hund in tausend Stücke und war nichts mehr von ihm zu hören noch zu sehen. Heiligensee.

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»Doch wohl die Frau vom Storche«. I, 32. Bezüglich der wělkorazy [wilkołak bei den Polen] bemerke ich, dass ich niemals unter Wenden die Bezeichnung: Werwolf gehört habe. Wenden erzählten öfter: »In Polen waren früher viele Wölfe, die wühlten sich ein Loch unter die Schwelle, machten sich über das Vieh her und frassen es auf.«

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 44.
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