Achte Geschichte
Wie es einem König mit einem Manne ergangen, der sich für einen Goldmacher ausgegeben

[68] Patronius, sagte eines Tages der Graf Lucanor zu seinem Rate, es war jemand bei mir, der will mir viel Gut und Ehre verschaffen, ich soll daher nur irgend etwas von dem Meinigen auswählen, woran er sein Probestück machen könnte, und wenn es fertig, würde ich für jeden Pfennig zehne haben. Da Euch nun Gott soviel Verstand verliehen, so bitte ich Euch, ratet mir, was hierbei zu tun sei. Herr Graf, erwiderte Patronius, um am vorteilhaftesten aus der Sache zu kommen, solltet[68] Ihr vernehmen, was einmal einem König mit einem angeblichen Goldmacher begegnet ist. Was ist das? fragte der Graf, und Patronius erzählte:

Es war einmal ein sehr schwatzhafter Mann, der hatte ein großes Verlangen, reich zu werden und aus der Not zu kommen, in der er lebte. Dieser wußte, daß ein König von schlechten Vermögensumständen sich mit dem Goldmachen abgab. Der Schwätzer nahm daher hundert Dublonen, feilte sie ab, und verfertigte aus den Feilspänen, mit Hilfe anderer Dinge, die er hinzufügte, hundert Klümpchen, von denen jedes das Gewicht einer Dublone hatte, dann aber steckte er noch die Überbleibsel der Zutaten zu sich und ging damit in die Stadt, wo der König wohnte. Dort kleidete er sich ganz einfach, und bot jene Klümpchen einem Krämer zum Kauf an. Der Krämer fragte, wozu das nütz sei? Zu gar vielen Dingen, besonders aber zum Geldmachen, sagte der Schwätzer, und so verkaufte er ihm alle hundert Stück für die Summe von zwei oder drei Dublonen; auf die Frage des Krämers aber, wie diese Stücke genannt würden, erwiderte er: Tabardit. Darauf verhielt er sich in der Stadt eine Zeitlang ganz still, nur daß er einem und dem andern unter dem Siegel der Verschwiegenheit vertraute, wie er sich auf das Goldmachen verstehe. So kam diese Neuigkeit endlich auch zu den Ohren des Königs, dieser ließ ihn zu sich rufen und fragte ihn: ob dem also sei. Der Schwätzer tat erst, als ob er's verheimlichen[69] wollte und nichts davon wüßte, zuletzt aber gestand er ein, daß er in der Kunst erfahren sei, riet jedoch dem König, in solchen Dingen keinem Menschen in der Welt zu trauen und das Seinige nicht aufs Spiel zu setzen; wenn er jedoch beföhle, wolle er in seiner Gegenwart einen kleinen Versuch machen und ihn gern lehren, was er davon verstünde. Das gefiel dem König sehr, denn er glaubte hiernach, dabei nichts verlieren zu können. Nun ließ der Schwätzer alles Nötige bringen, lauter gewöhnliche Dinge, und unter andern auch ein Stück Tabardit, alles zusammen kostete kaum zwei oder drei Heller; nachdem es aber herbeigeschafft und vor dem Könige ausgebreitet war, kam ein Stück feinen Goldes, von dem Gewicht einer Dublone, daraus zum Vorschein. Da nun der König sah, daß aus so wohlfeilen Dingen eine Dublone entstanden, war er sehr vergnügt, hielt sich für den glücklichsten Menschen von der Welt, und sagte zu dem Zauberer, er halte ihn für einen ehrlichen, ganz vortrefflichen Mann, er solle nur weiter fortfahren. Doch der Hexenmeister erwiderte (als ob seine Kunst nun zu Ende wäre): Herr, ich habe Euch bereits alles gezeigt, was ich davon verstehe, jetzt könnt Ihr's selber machen so gut wie ich, nur eines muß ich Euch vorher sagen: Fehlt auch nur das Geringste von den dazugehörigen Sachen, so gelingt es nicht. Und nachdem er dies gesagt, nahm er Abschied vom König und begab sich wieder in[70] seine Wohnung zurück. Jetzt versuchte der König das Goldmachen ohne den Meister, er verdoppelte das Rezept, und siehe: es erschien Gold von zwei Dublonen Gewicht, er verdoppelte es abermals und erhielt Gold für vier Dublonen, und so immer mehr, je stärker das Rezept. Da er nun sah, daß er Gold machen konnte, soviel er wollte, befahl er von jenen Dingen eine hinreichende Menge herbeizuschaffen, um tausend Dublonen daraus machen zu können, und man brachte auch alles zusammen, nur der Tabardit war nirgends aufzutreiben. Als der König den Tabardit vermißte, und also auch kein Gold zustande bringen konnte, schickte er nach seinem Lehrmeister und klagte ihm, daß es mit dem Goldmachen nicht wie sonst mehr gehen wollte. Jener fragte, ob auch alles da wäre, was er vorgeschrieben habe. Ja, sagte der König, nur der Tabardit fehlt. Und wenn auch nur das Geringste fehle, erwiderte der Hexenmeister, so könne es nicht gelingen, wie er ihm ja gleich am ersten Tag vorausgesagt hätte. Darauf fragte ihn der König, ob er denn wisse, wo Tabardit zu haben sei, und da der Zauberer es bejahete, befahl er ihm, darnach zu gehen und so viel davon zu bringen, daß er nach Belieben Gold machen könne. Der Hexenmeister entgegnete zwar, das könne jeder andere ebensogut und besser verrichten als er, wenn aber der König sich durchaus seiner dazu bedienen wollte, so würde er welchen holen, denn es sei dessen genug in[71] seinem Lande. Nun überschlug der König mit ihm die Kosten des Einkaufs und der Reise, was nicht wenig betrug, und als der Hexenmeister es im Sack hatte, machte er sich aus dem Staub und kam nicht wieder, und der unbedachte König war geprellt.

Als nun der König sah, daß jener über die Gebühr ausblieb, ließ er in seiner Wohnung nachfragen, ob man keine Nachricht von ihm habe, dort aber war nichts zu finden als eine verschlossene Kiste, und als man sie öffnete, lag eine Schrift darin folgenden Inhalts: ›Wisset, daß es in der ganzen Welt keinen Tabardit gibt, und daß ich Euch nur gefoppt habe. Als ich Euch reich zu machen versprach, hättet Ihr erwidern sollen, ich möchte damit erst bei mir selbst den Anfang machen, dann würdet Ihr mir glauben.‹

Einige Tage darauf aber war viel Gespött unter einigen Spaßvögeln, die alle ihre Bekannte, jeden nach seiner Weise, musterten, indem sie sagten: Der und der ist verschlagen, dieser und jener ist sehr klug, und so gingen sie alle anderen Eigenschaften durch, gute und verkehrte, wollten sie aber einen unklugen Menschen bezeichnen, so nannten sie ihn König. Als dies der König erfuhr, ließ er sie zu sich rufen und versicherte sie, er wolle ihnen kein Leid zufügen, sie sollten ihm nur sagen, weshalb sie ihn für einen unklugen Mann hielten. Deshalb, erwiderten sie, weil er soviel Geld an einen Fremden weggegeben, wobei[72] doch eben nicht sonderliche Weisheit wahrzunehmen sei. Der König entgegnete, da seien sie in großem Irrtum, denn wenn jener mit dem Mitgenommenen zurückkäme, würde seine Klugheit schon an den Tag kommen. Sie aber sagten, das verschlüge gar nichts in der Sache, denn käme der Fremde zurück, so würden sie in ihrem Register nur den König ausstreichen und jenen dafür hineinsetzen.

Und wenn Ihr, Herr Graf Lucanor, nun nicht auch für unüberlegt gehalten sein wollt, so wagt nimmer aufs Ungewisse hin soviel von dem Eurigen, daß es Euch nachher gereuen könnte, wenn Ihr's aus Zuversicht zweifelhaften Gewinns verliert.

Dem Grafen gefiel der Rat, er befolgte ihn und befand sich wohl dabei, und Don Juan, dem die Geschichte gut schien, ließ sie in dieses Buch schreiben und machte folgende Verse:


Dein Gold und Gut aufs Spiel nicht setze

Auf eines armen Lumps Geschwätze.

Quelle:
Don Juan Manuel: Der Graf Lucanor. Übertragen von Joseph von Eichendorff. Leipzig: Insel, 1961, S. 68-73.
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