19. Das wunderthätige Gemälde in der alten Klosterkirche zu Bardenburg.

[44] In der Bardenburger Klosterkirche befand sich auf der rechten Seite des Priesterchores eine Malerei, welche Ermesindens Traumerscheinung an der Quelle in allen Einzelheiten darstellte. Vor diesem Gemälde geschahen, wie vor der Muttergottesstatue über der Kirchthüre, zahlreiche Wunder. Kranke genasen, und Besessene fanden sofortige Befreiung vom Teufel.

Eines Tages pilgerte eine Frau von Säul, namens Margaretha Schandeler, nach Bardenburg, um dort die Hülfe U.L. Frau von Clairefontaine für ihre Nachbarin, die von einer sehr schmerzlichen Krankheit befallen war, zu erflehen. Als die Pilgerin in die Klosterkirche trat, sah sie darin zwei brennende Kerzen, kniete nieder und betete zu der Trösterin der Betrübten, die sich schon so viele Jahre hindurch besonders gnädig in diesem Heiligtum erwiesen hatte. Nach einiger Zeit vernahm die fromme Beterin eine Stimme, die aus dem Altar zu kommen schien und ganz vernehmlich und deutlich zu ihr sagte: »Kehre heim, dein Gebet ist erhört!« Und wirklich, als die gute Frau nach Säul zurückkam, war die Kranke gänzlich wieder hergestellt.

Ein andres Mal ließ ein junges Mädchen von Pallen, namens C. Astien, das am ganzen Körper lahm war, sich nach Clairefontaine bringen und bat dort in gläubigem Vertrauen die gute Gottesmutter um Heilung. Das inbrünstige Gebet des frommen Kindes wurde erhört. Die Lähmung wich vollständig, und man berichtet, daß die Kranke während ihrer Andacht die allerseligste Jungfrau selbst gesehen habe.

Diese und noch mehrere andre Wunder geschahen vor dem wunderbaren Gemälde. Nun war es zu Bardenburg Brauch, daß jeder, dem die Gnade übernatürlicher[45] Hülfe in der Kirche zu teil geworden, dort zur immerwährenden Erinnerung ein Kreuz aus Wachs oder Metall als Votiv- oder Weihgeschenk zurückließ. Die unzähligen Weihgeschenke, die in der Klosterkirche hingen, bekundeten genugsam, wie zahlreich die Wunder waren, welche an diesem von der seligsten Jungfrau Maria selbst zu ihrer Verehrung auserwählten Orte stattgefunden hatten.16

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Reichling, 32, 147, 148.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 44-46.
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