67. Das Hexenfest.

[104] Spät in der Nacht kam einst ein Barnicher Spielmann mit einem Kollegen von der Luxemburger Schobermesse. Es war eine wunderschöne Nacht. Heller Mondenschein lag über der stillen Gegend ausgebreitet, und Wald und Flur hüllten sich in tiefes Schweigen.

Wohlgemut, mit dem rauchenden Pfeifenstummel im Mund und dem Geigenkasten unter dem Arm schritten die beiden Musikanten auf der Arloner Landstraße dahin und plauderten zur Kurzweil von Diesem und Jenem. In der Gegend hinter Straßen kam ein unbekannter, fein gekleideter Herr auf sie zu und fragte, ob sie für ein anständiges Stück Geld mit ihm auf ein nahes Schloß gehen wollten, um dort einen Ball zu spielen. Die Geiger nahmen das freundliche Anerbieten sofort an und gingen mit dem Fremden.

Als sie auf dem hellerleuchteten Schlosse ankamen, war schon alles zum Tanzfest bereit. Eine Menge schöner Herren und holder Damen in prächtigen Ballkleidern standen da und harrten der Musik.[104]

Nachdem die beiden Spielleute zuvor einen guten Schluck herrlichen Weines getrunken, strichen sie die Bogen und in flinkem Reigen schwebten die herrlichen Paare dahin. Auf und ab wogte das glänzende Fest. Unermüdlich geigten die Musikanten; unermüdlich tanzten die Tänzer. So dauerte das bis etwa zwei Uhr morgens. Da war auf einmal alles, das Schloß mit den Tanzenden, verschwunden.

Die beiden Geiger aber saßen auf dem zerbröckelnden Gemäuer eines verfallenen Hauses und sahen nun, daß sie auf einem Hexenball gespielt hatten.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. 104-105.
Lizenz:
Kategorien: