43. Die einwohner des dorfes [149] nȋrošur.

Ein mädchen aus nȋrošur wurde irgendwohin nach einem anderen dorf verheiratet. Nach einiger zeit kam sie zu ihrer mutter und ihrem vater um bei ihnen zu gaste zu sein. Sie hatte ein kleines kind. Sie war eine zeit lang bei ihrer mutter zu gaste, und dann wurde es zeit, dass sie wegging. Jetzt aber schickte ihre mutter sie zu einem nachbar: »Geh, meine tochter, geh dahin!«, und die tochter ging und liess ihr kind bei ihrer mutter zurück. Darauf kam die tochter zurück und sagte zu ihrer mutter: »Jetzt, mütterchen, geh ich schon zu meinem manne«. Ihr kind hatte man in ihren tragkorb gelegt.

Sie geht, geht, aber das kind weint nicht, bewegt sich nicht. Sie nimmt den korb und schaut ihr kind an: »Ist mein kind da oder nicht? Es weint ja nicht!« Sie untersucht das kind – es war erstochen, tot! »O weh, meine eltern haben es ja erstochen!« Nachdem sie also gesagt hatte, ging sie bitterlich weinend nach ihrem dorf zu ihrem manne.

Man sagt, dass die einwohner nȋrošur's nicht existieren können, wenn sie nicht einen menschen erstechen. Darum vergiessen sie menschenblut.

Dies ist kein märchen, sagt man, sie sollen wahrlich (menschen) erstechen.

Quelle:
Wichmann, Yrjö: Wotjakische Sprachproben, 2.: Sprichwörter, Rätsel, Märchen, Sagen und Erzählungen, Helsingfors: 1893/1901, S. 149-150.
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