Chartier

[893] Chartier (spr. schartjē), Alain, berühmter franz. Schriftsteller, geb. um 1390 in Bayeux (Normandie), gest. wahrscheinlich 1429, war Sekretär Karls VI. und Karls VII. Philosophisch gebildet, wußte erseine Gedanken in klarer, edler Sprache wiederzugeben; seine Verse zeigen eine für jene Zeit ungewöhnliche rhythmische Vollendung, sind aber sehr eintönig. Sein »Bréviaire des nobles«, eine Anstandslehre für junge Edelleute, in der Form von Balladen, wurde damals sehr hochgeschätzt; die »Belle dame sans merei« (1426) rief eine ganze Literatur hervor. Das Unglück seines Vaterlandes begeisterte ihn auch zu tief empfundenen Gedichten (»Le livre des quatre dames«, nach der Schlacht bei Azincourt, 1415; »Le lay de paix«) und zu einigen prosaischen Schriften, meist in lateinischer Sprache. Die Geschichte Karls VI. und Karls VII. wird ihm fälschlich zugeschrieben. Eine Ausgabe seiner Werke besorgte Duchesne (Par. 1617). Vgl. Delaunay, Etude sur C. (Par. 1876); Joret-Desclosières, Alain C. (4. Aufl., das. 1899). Der Vicomte de Borelli machte ihn zum Helden eines Theaterstückes.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 893.
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