Conĭum

[257] Conĭum L. (Schierling), Gattung der Umbelliferen, zweijährige, hohe, kahle Kräuter mit rübenförmiger Wurzel, röhrigem, rotgeflecktem Stengel, mehrfach fiederteiligen Blättern, vielstrahligen Dolden, mehr- und kleinblätterigen Hüllen und Hüllchen, weißen Blüten und seitlich zusammengedrückten, eiförmigen Früchten. Zwei Arten, von denen eine im Kaplande, die andre, C. maculatum L. (gefleckter Schierling, Erdschierling, Wüterich, Tollkerbel, wilde Petersilie, s. Tafel »Giftpflanzen I«, Fig. 4), im gemäßigten Europa und Asien, eingebürgert im nordöstlichen Amerika und in Kalifornien, auch in Chile und auf den Kanaren wächst. Die Pflanze stinkt wie Katzenharn, schmeckt widerlich bitter, scharf, ist sehr giftig und enthält als wirksamsten Bestandteil Coniin C8H17N neben andern Alkaloiden (s. Coniin), auch etwas ätherisches Öl. Am reichlichsten sind diese Alkaloide in den Früchten enthalten. Schierling kommt häufig in Gärten unter Petersilie vor und kann, solange er noch keinen Stengel hat, mit dieser verwechselt werden; doch geben die Form der Blätter und der beim Zerreiben meist deutlich hervortretende widerliche Geruch ein sicheres Unterscheidungsmerkmal ab. Bei Vergiftung mit Schierling entsteht große Schwäche, allgemeine Schwere, zuerst in den Beinen, verminderte Tätigkeit in allen äußern Teilen, besonders auffallend an Kopf und Hals, Kauen und Schlingen sind erschwert, das Sprechen erfolgt mühsam, die Stimme ist rauh. Größere Gaben töten unter leichten Krämpfen durch Lähmung der Atemnerven. Als Gegenmittel bei Schierlingsvergiftungen macht man Magenausspülungen, läßt viel Wasser trinken, gibt warme Klistiere und leitet künstliche Atmung ein, sobald es nötig erscheint. Arzneilich benutzt man Schierling bei Krampfkrankheiten und epileptiformen Zuständen, äußerlich bei Lidkrampf und ähnlichen Neurosen. Die alten Griechen töteten ihre Verbrecher durch einen Schierlingstrank, auch Sokrates starb auf diese Art; übrigens scheint dieser Gifttrank auch Opium enthalten zu haben, wie man aus einer Stelle bei Theophrastus schließen kann. Vgl. Regel, Beiträge zur Geschichte des Schierlings und Wasserschierlings (Mosk. 1876–77).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 257.
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