Flechtenfarbstoffe

[671] Flechtenfarbstoffe, in den Flechten enthaltene oder aus Flechtensäuren dargestellte chemische Verbindungen, wie Orseille, Lackmus, Persio, Cudbear u. a. Die zur Anthrazenreihe gehörige Chrysophansäure tritt z. B. bei Physcia parietina in Form kleiner kristallinischer, doppelbrechender gelber Körnchen an der Außenseite der Thallusfäden auf und verursacht die auffallende Gelbfärbung der genannten Flechte, am stärksten in den fortwachsenden jungen Randpartien und an den in Bildung begriffenen Apothezien. Der Flechtenthallus enthält auch amorphe Farbstoffe, welche die schwarze oder braune Färbung der Apothezien sowie die graue oder braune des Thallus hervorrufen; selten erscheint letzterer, z. B. durch amorphe Farbstoffe, rosenrot oder die Apothezien ziegelrot, da sonst lebhaftere Färbungen der Flechten in der Regel von kristallisierten Farbstoffen herrühren. Oxalsaurer Kalk, der bisweilen reifartig die Thallusoberfläche überzieht, gibt ihr ein bläulichweißes oder bestäubtes Aussehen. Die Farbstoffe scheinen als Schutzmittel der Flechten gegen atmosphärische Einflüsse[671] zu dienen, da sie den Zellhäuten eine starke Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einwirkungen verleihen und die am dunkelsten gefärbten Zellwände am wenigsten von Säuren wie Basen angegriffen werden. Auch dienen sie wohl als Schutz gegen Raupen und Schnecken.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 671-672.
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