[425] Großmächte, Bezeichnung für die jeweils leitenden Staaten, die die Macht besitzen und als ihre (gemeinsame) Aufgabe betrachten, bei der Regelung der europäischen Angelegenheiten tätig einzugreifen. Ihr Einverständnis schließt in der Regel tatsächlich, wenn auch nicht rechtlich, einen Widerstand der kleinern Staaten aus. Die Zahl der europäischen G. ist keine geschlossene; es können bisher dazugehörige Staaten aus derselben ausscheiden, andre wiederum an Bedeutung und Einfluß so gewinnen, daß ihre Mitwirkung bei der Ordnung der politischen Verhältnisse Europas und der Welt nicht entbehrt und auch nicht zurückgewiesen werden kann. So ist Spanien, das im 16. Jahrh. die erste europäische Großmacht war, durch politische und kirchliche Mißwirtschaft dieser Stellung verlustig gegangen; auch Schweden war im 17. Jahrh. eine Großmacht. Seit dem Kongreß von Aachen (1818) wurden als G. angesehen England, Frankreich, Österreich, Preußen und Rußland; in den 1870er Jahren ist an Preußens Stelle das Deutsche Reich getreten und Italien zur bisherigen Pentarchie (s. d.) als sechste Großmacht hinzugekommen. In neuester Zeit sind auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika in[425] dieses »Konzert der Großmächte« eingetreten (vgl. Europa, S. 187).