Kainogenĕsis

[430] Kainogenĕsis (griech., Cänogenesis, Entwickelungsabänderung). Das »biogenetische Grundgesetz« (s. Entwickelungsgeschichte) erleidet in zahlreichen Fällen Einschränkungen, indem im Entwickelungsgange Stadien auftreten, die nicht rein phylogenetisch erklärbar sind, sondern sich auf besondere Verhältnisse und Erlebnisse der Vorfahren beziehen. Haeckel sprach hier mit einem ohne Not viel angefochtenen Ausdrucke von »Fälschungen« der regelmäßigen nachbildlichen (palingenetischen) Wiederholung (Rekapitulation), wofür man jetzt K. setzt. Die Ursachen solcher Abänderungen können sehr mannigfache sein, z. T. direkt mechanische (metrothene K.), wenn z. B. Tiere, statt sich vom Keim ab frei zu entwickeln, längere Zeit innerhalb fester Eierschalen oder in Embryonalhüllen verharren und, statt die [430] Nahrung selbst zu suchen, längere Zeit von einem mitgebrachten Dotter zehren etc. Andre Abänderungen entstehen dadurch, daß die Entwickelungsenergie bestimmter Organe und Organteile bei den verschiedenen Tiergruppen verschieden ist, so daß deren Entwickelung als verlangsamt oder beschleunigt gegenüber dem normalen Verlauf erscheint.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 430-431.
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