Kardorff

[622] Kardorff, Wilhelm von, deutscher Politiker, geb. 8. Jan. 1828 in Neustrelitz, studierte die Rechte, nahm als Regierungsassessor in Stralsund 1853 seinen Abschied, wurde Rittergutsbesitzer zu Wabnitz im Kreis Öls (Schlesien) und war dort 1884–95 Landrat. 1866–76 und wieder seit 1888 freikonservatives Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, wirkte K. besonders für die Einführung der Selbstverwaltung (Kreisordnung von 1873) und unterstützte besonders die Politik Bismarcks bei Beschlagnahmung des Vermögens des Königs von Hannover und Schaffung des hannoverschen Provinzialfonds. Seit 1867 als Mitglied der Deutschen Reichspartei dem Reichstag angehörig, war er auch hier stets eifriger Anhänger Bismarcks, vertrat schon vor dem Umschwung in der Wirtschaftspolitik das Schutzzollsystem, vor allem in seiner Broschüre »Gegen den Strom« (Berl. 1875) und half, an verschiedenen industriellen Unternehmungen beteiligt, 1875 den Zentralverband deutscher Industrieller mitbegründen. Seit ihm durch die Caprivischen Handelsverträge die Landwirtschaft gefährdet erschien, schloß sich K. dem Bunde der Landwirte an, schied aber aus, als Ende 1902 dessen Vorstand gegen den neuen Zolltarif Stellung nahm, und ermöglichte dessen en bloc-Annahme durch den Antrag Kardorff.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 622.
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