Kertsch

[856] Kertsch (K.-Jenikale), Hafenstadt im russ. Gouv. Taurien, auf der Ostküste der Halbinsel Krim, an der Straße von K. (auch Straße von Jenikale, bei den Alten Kimmerischer Bosporus genannt) und an einem Zweig der Eisenbahn Kursk-Charkow-Sebastopol. Die Stadt, am Fuß des steilen Mithradatesbergs amphitheatralisch in Halbmondform gelegen, hat 12 griechisch-kath. Kirchen, 8 Synagogen und Moscheen, 2 Gymnasien, ein adliges Fräuleinstift, eine Realschule, eine Bibliothek, ein Museum und mit dem 10 km entfernten Jenikale zusammen (1897) 31,702 Einw., die Heringsfang (5 Mill. Stück jährlich) und etwas Getreidehandel treiben. Seit 1895 sind in der Nähe von K. reiche Eisenlager gefunden worden, mit einer Mächtigkeit von ca. 850 Mill. Ton. und einer Erzförderung von (1902) 270,000 T., zu deren Ausbeutung ein großartiges Hüttenwerk angelegt wurde. K. bildet mit Jenikale eine besondere Stadthauptmannschaft. Gegen 4 km südlich von der[856] Stadt liegt die gleichnamige starke Festung, 85 m ü. M., bestimmt, die Durchfahrt ins Asowsche Meer zu hindern. Die 3 km lange Linie der Befestigungen ist so gebaut, daß auf jeden Punkt ein starkes Kreuzfeuer gerichtet werden kann. – An der Stelle von K. lag im Altertum die Stadt Bosporos oder Pantikapäon, die Hauptstadt des bosporanischen Reiches unter Mithradates. Im Mittelalter gehörte die Stadt den Genuesen (bis 1475), dann den Türken; 1771 wurde sie russisch und blühte rasch auf. In den K. umgebenden Hügeln Kul-Oba (»Aschenhügel«) und Altun-Oba (»Goldberg«) hat man Sarkophage aus Zypressenholz und Schmucksachen aus den letzten Jahrhunderten v. Chr. entdeckt. Sie befinden sich in der Eremitage zu Petersburg. Vgl. Macpherson, Antiquities of Kertch (Lond. 1857); L. Stephani, Die Altertümer von K. (Petersb. 1880). In der Nähe befinden sich auch mehrere Schwefel- und Naphthaquellen sowie Schlammvulkane.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 856-857.
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