Leboeuf

[299] Leboeuf (spr. löböff), Edmond, Marschall von Frankreich, geb. 6. Dez. 1809 in Paris, gest. 7. Juni 1888, trat 1832 in die Artillerie ein, diente mit großer Auszeichnung in Algerien und in der Krim, wo er sich beim Artillerieangriff auf Sebastopol, den er als Brigadegeneral zum Teil leitete, hervortat. Hierauf erhielt er das Kommando der Gardeartillerie, ward 1857 Divisionsgeneral und nahm 1859 hervorragenden Anteil am Krieg in Oberitalien. Am 21. Aug. 1869 ward er an Niels Stelle Kriegsminister. L. war ein tapferer Soldat und ausgezeichneter Artilleriegeneral, aber durchaus unfähig, eine große Administration zu leiten. Er versicherte dem Kaiser vor versammeltem Ministerkonseil, Frankreich sei »archipret« (»erzbereit«) zum Krieg. Napoleon III. setzte ein so hohes Vertrauen in seine Fähigkeiten, daß er ihn 24. März 1870 zum Marschall und beim Ausbruch des deutsch-französischen Krieges auch zu seinem Generalstabschef (major général) ernannte. Leboeufs Offensivoperationsplan zeigte sich infolge der mangelhaften Kriegsbereitschaft der Armee sofort als unausführbar. Nach den ersten Niederlagen trat L. unter dem moralischen Druck der allgemeinen Entrüstung über seine Unfähigkeit 12. Ang. von seinem Posten zurück und übernahm dafür an Stelle Bazaines das Kommando des 3. Korps, das er vortrefflich führte. Mit der Rheinarmee fiel er 29. Okt. 1870 in deutsche Gefangenschaft. Ende 1871 nach Frankreich zurückgekehrt, war er ehrlich genug, vor der betreffenden Untersuchungskommission seine verhängnisvollen Irrtümer offen einzugestehen, und zog sich hierauf gänzlich vom öffentlichen Leben zurück. Er hat sein schweres Geschick mit Würde ertragen und nie, wie viele andre Generale, einen Versuch gemacht, die Verantwortung für die auf ihm lastende Schuld auf andre abzuwälzen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 299.
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