Palimpsést

[331] Palimpsést (griech., lat. Codex rescriptus), ein Pergament, von dem die Schrift, mit der dasselbe ursprünglich beschrieben war, abgekratzt, wegradiert oder sonst unsichtbar gemacht wurde, damit man Neues darauf schreiben konnte. Da im Mittelalter das Schreibmaterial kostspielig war, so bediente man sich dieses Mittels namentlich in Klöstern häufig, um schon beschriebene Pergamentrollen oder Pergamentblätter wieder benutzen zu können. In neuerer Zeit ist es, zum Teil durch chemische Mittel, gelungen, die ältere Schrift wieder lesbar zu machen, freilich vielfach unter dauernder Schädigung des Objekts. So entdeckte man schon im 18. Jahrh. auf diese Weise ein Bruchstück aus dem 91. Buch des Livius, die gotische Bibelübersetzung des Ulfilas in der Wolfenbütteler Bibliothek u.a. Den Versuchen A. Mais und Peyrons gelang es, aus Palimpfesten, die dem Kloster Bobbio angehört hatten, Reste von Reden Ciceros, einen großen Teil von dessen Schrift über den Staat und Bruchstücke von den Briefen und Reden Frontos zu gewinnen. Auch die Institutionen des Gajus sind auf diese Weise aus einem Veroneser P. entdeckt worden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 331.
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