Kloster [1]

[153] Kloster (v. lat. claustrum, »nach außen abgeschlossener Ort«, auch Monasterium, Coenobium), die gemeinsame Wohnung einer Anzahl Mönche oder Nonnen, die nach bestimmten Ordensregeln leben. Von den christlichen Konfessionen haben nur die römisch-katholische, die griechisch-katholische, die armenische, jakobitische und koptische Klöster; die protestantische verwirft das Institut. Alle Mönche und Klosterfrauen legen die drei Klostergelübde des Gehorsams, der Keuschheit und der Armut ab. Die katholische Kirche unterscheidet eine hohe, höhere und höchste Armut. Die erste besteht darin, daß ein K. nur so viel liegende Gründe besitzen darf, als zu seiner Erhaltung nötig sind; die zweite darin, daß es gar keinen Grundbesitz, wohl aber Mobilien etc. besitzen darf; die dritte gestattet keinerlei Eigentum. Die hohe Armut geloben unter den sogen. Bettelmönchen die Karmeliter und Augustiner, die höhere die Dominikaner, die höchste die Franziskaner, namentlich die Kapuziner. Als ausschließlichen oder hauptsächlichsten Zweck des Klosterlebens bezeichnen die Ordensregeln ein religiös-beschauliches Leben, oft aber auch in Verbindung mit Leistungen in den Gebieten der Seelsorge, des Missionswesens, der Erziehung, Armen- und Krankenunterstützung.

Bevor jemand das Klostergelübde wirklich ablegt, muß er als Novize eine Zeitlang, gewöhnlich ein Jahr (Noviziat, Probejahr, Klosterjahr), im K. zubringen, nach dessen Beendigung es ihm freisteht, entweder das K. wieder zu verlassen, oder »Profeß zu tun«, d. h. an Eides Statt das Versprechen zu geben, den Regeln, Statuten und Observanzen des Ordens getreu leben zu wollen. Diese Gelübde werden feierliche (votum solemne) genannt, wenn sie[153] auf Lebenszeit, einfache, wenn sie nur auf eine bestimmte Reihe von Jahren oder für unbestimmte Zeit abgelegt werden. Die Klostergenossen hießen früher Brüder (fratres); später nannte man diejenigen, welche die Priesterweihe erhalten hatten, Väter (patres), Mit der Zeit bildeten sich in den Klöstern bestimmte Ämter aus, deren Verwaltung einzelnen Mönchen (Klosteroffizialen) anvertraut wird; diese sind gewöhnlich der Bibliothekar, Lektor, Ökonom, Kellermeister, Pförtner und Circator; letzterer hat die Verpflichtung, als Aufseher die Arbeits- und Schlafsäle regelmäßig zu begehen, die Brüder zum Gebet zu rufen etc. Der Vorgesetzte eines Klosters, entweder vom Kapitel des Klosters gewählt oder vom Bischof oder auf andre Weise eingesetzt, führt in größern Klöstern den Titel Abt (Äbtissin), in kleinern Propst (Pröpstin), in noch andern Prior, Superior, Guardian (Priorin, Domina), Rektor. Große Klöster haben bisweilen außer dem Abt noch einen Propst und mehrere Prioren; der General führt die Aussicht über alle Klöster seines Ordens. Gewöhnlich umschließt eine Mauer den ganzen Klosterraum und bildet die Klausur, die kein Mönch und keine Nonne ohne besondere Erlaubnis überschreiten darf.

Für die Ausbildung des Klosterbaues mit seinen mannigfachen Anforderungen waren besonders die Benediktiner und Cistercienser tätig, die bald bestimmte Regeln für die Anlage von Klöstern mit ihren Nebengebäuden aufstellten. Wie die Benediktiner nach reicherer künstlerischer Ausstattung strebten gleich wie bei ihren Kirchenbauten, drangen die Cistercienser nach dem Vorbilde des Mutterklosters in Clairvaux auf größte Einfachheit, ohne dabei die herrschenden Kunstformen völlig zu vernachlässigen. Für die Anlage eines Benediktinerklosters nach der Vorschrift des heil. Benedikt, die verlangte, daß alle für die Bedürfnisse des Klosters nötigen Handwerker ihre Arbeitsstätte innerhalb der Umfriedigung des Klosters finden sollten, bietet der noch erhaltene, um 822 entstandene Plan des Klosters von St. Gallen einen Anhaltspunkt (vgl. Keller, Bauriß des Klosters St. Gallen, Zür. 1844). Danach ist die Kirche ungefähr der Mittelpunkt der Anlage, die ein längliches Rechteck bildet. An die Kirche schließen sich unmittelbar die Wohnungen der Mönche, der Kapitelsaal, der Kreuzgang und das Refektorium (Speisesaal). In weiterm Umkreis gruppieren sich darum die Wohnung des Abtes, das Schulhaus, die Herberge für Fremde, die Viehställe, die Brauerei und die Bäckerei, die Mühle, das Handwerkerhaus und die Scheunen. Hinter der Kirche liegen das Krankenhaus nebst Ärztewohnung und einem Garten für Heilkräuter, die Novizenschule, der Friedhof, die Gärtnerei mit Gemüsegarten und der Geflügelhof. Dieser Plan ist aus räumlichen Gründen nicht vollständig ausgeführt worden, und auch von den ausgeführten Gebäuden ist nur wenig erhalten geblieben. Dagegen ist noch eine Klosteranlage der Cistercienser in der teils wohlerhaltenen, teils wiederhergestellten Cistercienserabtei Maulbronn in Württemberg vorhanden, die, 1146 gegründet, im Anfang des 13. Jahrh. vollendet wurde und darum die Formen des spätromanischen, des Übergangs- und des frühgotischen Stils aufweist. Hier bildet der Kreuzgang den Mittelpunkt der Anlage, an den sich südlich die Kirche, östlich der Kapitelsaal, nördlich das Herrenrefektorium (s. Tafel »Architektur VIII«, Fig. 7) und westlich das Laienrefektorium anschließen. Weiter abseits liegen die Abtwohnung und die Wirtschaftsgebäude (vgl. Paulus, Die Cistercienserabtei Maulbronn, 3. Aufl., Stuttg. 1890). Wo der Raum zu Einschränkungen nötigte, diente das Refektorium (Cönakel, Speisesaal) auch als Kapitel- oder Konventsaal, wo die Mönche täglich zusammenkamen und ihnen ein Kapitel aus ihrer Regel vorgelesen wurde, und wo die wichtigern Klosterangelegenheiten verhandelt wurden. Anfänglich benutzten die Mönche einen gemeinschaftlichen Schlafsaal, später erhielten sie einzelne Zellen, die gewöhnlich in den obern Stockwerken liegen und nur ein Fenster, eine Lagerstätte, einen Tisch und einen Stuhl haben. Nur die Obern haben geräumigere Zimmer. – Von diesen mittelalterlichen Klosteranlagen unterschieden sich völlig die Häuser der Jesuiten, und noch mehr die unter ihrem Einfluß im 17. und 18. Jahrh. in Süddeutschland und Österreich entstandenen Klosterbauten, die an Pracht der künstlerischen Ausstattung und an Umfang der Anlage einander zu übertreffen suchten. Neben der Kirche, die das Prunkstück der Anlage blieb, wurden die Bibliothek und das Refektorium besonders reich mit allen Mitteln des Barockstils ausgestattet, und es wurden auch Räume für besondere Festlichkeiten und für den Empfang hoher Gäste erbaut (Theater-, Kaiser- und Fürstensäle). Von diesen Klosterbauten des Barockstils sind besonders Ottobeuren, Salem, Ettal, Maria-Einsiedeln, St. Florian bei Linz und Melk in Niederösterreich zu nennen. Die künstlerisch hervorragendsten Klosteranlagen Italiens gehören der Zeit der Renaissance an, wie z. B. die Certosa bei Pavia (Kartäuserkloster), deren Kirche eins der prachtvollsten Baudenkmäler der italienischen Frührenaissance ist, und das von Michelangelo erbaute, an die Kirche Santa Maria degli Angeli angrenzende Kartäuserkloster in Rom (jetzt Museo nazionale delle Terme). Von geschichtlicher und künstlerischer Bedeutung sind von ältern Klosteranlagen das Kloster auf dem Monte Cassino, das Mutterkloster des Benediktinerordens, das Kloster San Francesco in Assisi, das Mutterkloster des Franziskanerordens, und das 1437 von Michelozzo umgebaute Dominikanerkloster von San Marco (jetzt Museo di San Marco), dem die Maler Fra Giovanni da Fiesole, der das K. mit zahlreichen Fresken ausgestattet hat, und Fra Bartolommeo und Savonarola als Mönche angehört haben. In Frankreich sind die meisten Klöster durch die Revolution von 1789 aufgehoben und für andre Zwecke verwendet und demnach umgestaltet worden, wie z. B. die Cistercienserabtei in Clairvaux, das Mutterkloster des Cistercienserordens. Unter den wenigen noch erhaltenen, die künstlerisches Interesse haben, ist die ehemalige Benediktinerabtei auf dem Mont Saint-Michel im Depart. Manche hervorzuheben. Die mittelalterlichen Klosteranlagen in England und Schottland sind meist bis auf die sich an Kathedralen und Abteikirchen anschließenden Kreuzgänge, die oft eine reiche künstlerische Ausbildung erhalten haben, zerstört oder für andre Zwecke umgestaltet worden. Vgl. Brunner, Ein Benediktinerbuch (Würzb. 1880), Ein Cistercienserbuch (das. 1881) und Ein Chorherrenbuch (das. 1883); Schlosser, Die abendländische Klosteranlage des frühen Mittelalters (Wien 1889).

Dem Mönchswesen Ähnliches befindet sich schon in der vorchristlichen Zeit bei den Völkern des Orients, deren Sinn sich von Natur zur Ruhe und Beschaulichkeit neigt. In der christlichen Kirche ging Ägypten mit dem Beispiel voran. In den Niederungen Oberägyptens lebten bereits im 3. Jahrh. einzelne Weltmüde als Einsiedler. Im 4. Jahrh. kündigten[154] sich die Todeszuckungen des römischen Weltreichs in einem allgemein verspürbaren Gefühl an, daß der Weltlauf altere und es sich nicht mehr lohne, zu leben. Man floh die Welt, um in stetiger Todesbereitschaft der reinen Anschauung Gottes teilhaftig zu werden. Als Mittel dazu galt Verzicht auf alle Güter, Ehre und Vermögen, Weib und Kind, selbst die kirchliche Gemeinschaft. Diese Lebensweise erhielt festere Gestalt durch die Ägypter Antonius (s. d. 1, S. 596) und durch Pachomius (s. d.). Seinem Beispiel folgten Hilarion (s. d.), Vasilius d. Gr. (s. d.), Ammonius, Macarius, Schenute (s. d.) u. a. Bald war das Mönchtum Modesache im christlichen Orient geworden. In den von Pachomius eingerichteten Klöstern wohnten die Mönche und Nonnen in besondern, nebeneinander gebauten kleinen Häusern (s. Laura), die zusammen das Cönobium (daher die Bewohner Cönobiten heißen) oder Monasterium bildeten, das von einem Abbas (»Vater«), Hegumenen (»Führer«) oder Mandriten (»Klostervorsteher«) regiert wurde. Dieses Klosterleben erhielt, als sich immer mehr Personen hinzudrängten, durch Basilius bestimmte Regeln (s. Basilianer). Zur Arbeit im Dienste der Kirche oder der Menschheit hat sich dieses griechische Mönchtum nie entschlossen. In träger Beschaulichkeit dahinlebend, beteiligte es sich höchstens an den dogmatischen Lehrstreitigkeiten des 6.–9. Jahrh. mit seiner Phantasie, mit seiner bildermalenden Kunst und zuweilen auch mit seinen Fäusten. Den erhitztesten Schwärmern genügte die Strenge der Klosterregel nicht, sondern sie widmeten sich in einsamen Zellen, in Höhlen, selbst auf Bäumen und Säulen (s. Styliten) oder unter freiem Himmel maßloser Askese. An dem Raffinement solcher Entsagungen entzückte sich die lebensmüde Welt, und schon das Ende des 4. Jahrh. erlebte die Anfänge einer Art von Mönchsbelletristik, den sogen. asketischen Roman. Hieronymus (s. d.), der damit voranging, hat recht eigentlich das Mönchtum in das Abendland eingeführt, und was er in Italien, das taten Augustinus in Afrika, in Südgallien Johannes Cassianus, in Nordgallien Martin von Tours. Benedikt (s. d., S. 626) von Nursia führte zuerst in Monte Cassino die förmliche Verpflichtung der Religiosen auf die drei Klostergelübde ein, und seine Regel blieb Norm auch für die später gegründeten Orden (s. Orden und Benediktiner). Diese Klöster haben im Mittelalter die geistigen Schätze der heidnischen und christlichen Vergangenheit in ihren Bibliotheken aufbewahrt und sich durch Vervielfältigung und Verbreitung von Büchern verdient gemacht. Einen ungemeinen Einfluß erlangten die Mönche dadurch, daß sie die Erziehung der Jugend in ihre Hände nahmen (s. Klosterschulen). Aber auch praktisch hat das abendländische Mönchtum ganz anders in die Kirchengeschichte eingegriffen als im Orient; im Gegensatz zu letzterm weist es vor allem auch in sich selbst Entwickelung und Fortschritt auf. Seit dem 10. Jahrh. wurde das Mönchtum als ein besonderer geistlicher Stand (ordo der religiosi) betrachtet, der für die weltlichen Geschäfte und niedrigen Dienstleistungen L ai en- oder Klosterbrüder (conversi) annahm, die nur einfache Gelübde ablegten, so daß die großen Benediktinerabteien alle Gewerke für ihre Bedürfnisse, besonders auch zu Bauten, in sich schlossen. Infolge der Reichtümer, die sich in den Klöstern sammelten, traten bald allenthalben Symptome der Entartung auf; letztere stieg im 10. Jahrh. so hoch, daß eine gründliche Reform unvermeidlich wurde. Die meisten Klöster Frankreichs nahmen die Regel von Cluny (s. d.) an. Nachher erfolgten noch weitere Schärfungen in verschiedenartigen Orden und Kongregationen (s. die einzelnen Orden), die jedoch dem immer von neuem hereinflutenden Verderben niemals auf die Dauer wehren konnten. Die Reformation hatte Einziehung der Klostergüter zur Folge, die teils zum fürstlichen Fiskus geschlagen, teils zum Besten von Kirche und Schule, teils zur Versorgung adliger Fräulein verwendet wurden. In den katholisch gebliebenen Ländern trat die Aufklärung gegen die Klöster als Sitze des Aberglaubens und des Müßiggangs in die Schranken. Die französische Nationalversammlung erklärte 1789 und 1790 die Klostergüter für Nationalgüter, und seit 1802 schritt unter Bayerns Vortritt auch das Deutsche Reich zu ihrer Einziehung vor, die im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 ihren allgemeinen Ausdruck fand.

Die Restauration brachte allenthalben auch hier den Gegenschlag mit sich. Das 19. Jahrh. sah einen großen Aufschwung des Klosterlebens, freilich auch energische Bestrebungen der Staatsgewalt, seinem Überhandnehmen zu wehren. Typisch sowohl für den Aufschwung als für die Abwehrbestrebungen ist Frankreich. 1814 zählte man hier schon wieder 2224 Frauenklöster, 1834: 3024 mit über 20,000 Insassen. 1866 gab es 18,500 männliche, 86,300 weibliche Ordensangehörige; 1901: 30,136 männliche in 3261 Häusern, 183,901 weibliche in 16,298 Häusern. Diese Vermehrung hatte stattgefunden, trotzdem die Dekrete vom 29. März 1880 die Anzeigepflicht für vom Staate nicht anerkannte Ordensgenossenschaften unter Androhung der Auflösung verlangt hatten und in Ausführung dieser Bestimmung 384 Anstalten mit 7444 Mönchen und 602 mit 14,003 Nonnen aufgelöst worden waren. Durch das Gesetz vom 1. Juli 1901 wurde die Anzeigepflicht von neuem eingeschärft mit dem Erfolge, daß 64 Männerkongregationen mit 2001 Anstalten und 532 Frauenkongregationen mit 6799 Anstalten die staatliche Anerkennung nachsuchten. Die Mehrzahl unterwarf sich nicht, darunter so bedeutende Orden wie die Benediktiner, die Jesuiten, die Karmeliter und die Kartäuser. Die nicht genehmigten Niederlassungen wurden geschlossen. In Italien, wo während der Napoleonischen Herrschaft überall, auch in Rom, die Klöster aufgehoben waren, wurden sie nach Wiederaufrichtung der einzelnen Fürstenthrone allgemein wiederhergestellt. Im Königreich beider Sizilien zählte man schon 1831: 11,838 männliche, 10,299 weibliche Ordensangehörige. Die Insel Sardinien allein hatte 1842 neben 13 Frauenklöstern 88 Niederlassungen von Männergenossenschaften mit 1105 Mitgliedern. 1866 ward die Aufhebung aller Klöster für Italien ohne Rom von neuem beschlossen. Trotzdem wurden 1900 außerhalb Roms 941 Männerklöster mit 9979,2139 Frauenklöster mit 29,479 Angehörigen gezählt; in Rom allein 178 Männer- und 180 Frauenklöster. In Spanien soll die Gesamtzahl der Niederlassungen an 3000 betragen. Das Dorado des Mönchtums ist Belgien, wo es 1846: 729 Klöster mit 11,968,1890: 1775 mit 30,098 Insassen (4775 Mönche, 25,323 Nonnen) gab. Für 1900 wurde die Gesamtzahl der Ordenspersonen auf 31–32,000 in über 2000 Niederlassungen berechnet. In Luxemburg kamen um dieselbe Zeit auf nur 212,200 Katholiken über 100 Niederlassungen. England und Schottland sind seit der Emanzipation ihrer Katholiken 1829 in steigendem Maße mit Klöstern bedacht worden. 1899[155] zählte man 267 Männer- und 560 Frauenklöster. Irland hatte 1901: 206 Männer- und 350 Frauenklöster mit 1516, bez. 7300 Insassen. In Österreich zählte man 1839: 679 Männer- und 129 Frauenklöster mit 11,096 (8039 und 3057), 1900: 527 Männer- und 1492 Frauenklöster mit 27,980 (9136 und 18,844) Insassen. In Preußen brachten die Jahre der Reaktion nach 1848 auch das Klosterwesen wieder zur Blüte. Als Beispiel mag die Erzdiözese Köln gelten, in der im J. 1835 nur 25 Klöster, 1900 aber 31 Männer- und 320 Frauenklöster mit 600–700, bez. 3500–4000 Insassen gezählt wurden. Infolge des Gesetzes vom 31. Mai 1875, durch das alle geistlichen Orden und ordensähnlichen Kongregationen, mit Ausnahme derer, die sich ausschließlich der Krankenpflege widmen, aufgehoben wurden, gingen die Niederlassungen von 955 zu Anfang 1875 auf 596 zu Ende des Jahres zurück. Durch Gesetz vom 29. April 1887 wurden alle Orden, die sich der Seelsorge oder der Übung christlicher Nächstenliebe oder einem beschaulichen Leben widmen, wieder zugelassen. 1896 zählte man 1399 Niederlassungen mit 17,398 Mitgliedern. In Berlin gab es 1900: 24 Niederlassungen mit 34 Brüdern und 413 Schwestern. In Bayern fanden sich 1899: 12,190 (1760 und 10,430) Ordenspersonen. In Württemberg, wo seit 1862 Männerkongregationen nicht zugelassen sind, waren 1900: 7 Frauengenossenschaften mit ungefähr 1770 Schwestern tätig. In Baden hat die Regierung von dem ihr nach dem Gesetz von 1860 zustehenden Recht, Männerklöster zuzulassen, trotz der Kammerbeschlüsse vom 13. Febr. 1900 und 3. Juli 1903 noch keinen Gebrauch gemacht. Für 1899 wurden 10 Frauenkongregationen aufgezählt. Hessen schloß sich durch Gesetz vom 24. April 1875 dem preußischen Vorgange an; krankenpflegende Männer- und besonders Frauenorden haben später wieder größere Bewegungsfreiheit erhalten. In ganz Deutschland gab es Ende 1899: 212 Niederlassungen männlicher Orden mit 4250 und 2661 weiblicher mit 32,831 Mitgliedern. Die Gesamtzahl der Ordenspriester in Europa berechnete man 1901 auf etwa 44,000, welche Zahl sich durch Hinzufügung der Laienbrüder und der sich auf das Priestertum vorbereitenden Brüder auf mindestens das Doppelte erhöhen würde. Die Zahl der Ordensschwestern wäre auf 330,000 zu schätzen. Dem entsprechend schätzt man die Gesamtzahl der Ordenspriester auf der ganzen Erde auf etwa 110,000, die der Ordensschwestern auf etwa 420,000. – Klöster in antikem Stil trifft man im Orient in unveränderten Formen festhaltend an der Gewohnheit des Daseins und wohltätig wirkend durch Gastfreundschaft und Pflege heiliger Stätten. Die in Europa fast allein unangetastet gebliebenen Athosklöster (s. Athos) sind die merkwürdigste Reliquie dieser Art. S. auch die Artikel »Meteora, Griechische Kirche, Russische Kirche«. Vgl. Musson-Crome, Pragmatische Geschichte der vornehmsten Mönchsorden (Leipz. 1774–84, 10 Bde.); Henrion, Histoire des ordres religieux (Par. 1835, 2 Bde.; deutsch von Fehr, Tübing. 1845, 2 Bde.); Montalembert, Les moines d'Occident (5. Aufl., Par. 1874–77, 7 Bde.); Hinschius, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche in Preußen (Berl. 1874); Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche (Paderb. 1896–97, 2 Bde.); Zöckler, Askese und Mönchtum (Frankf. 1897); »Die katholische Kirche unserer Zeit«, herausgegeben von der Leo-Gesellschaft in Wien (Münch. 1899–1902, 3 Bde.); Braunsberger, Rückblick auf das katholische Ordenswesen im 19. Jahrhundert (Freib. 1901); Brockhoff, Die Klosterorden der katholischen Kirche (5. Aufl., Münster 1901); Hoffet, Das Vereins- und Ordenswesen in Frankreich (Berl. 1902); Harnack, Das Mönchtum, seine Ideale und seine Geschichte (6. Aufl., Gießen 1903); Schiwietz, Das morgenländische Mönchtum (Mainz 1904, Bd. 1); Höllerl, Kloster-Schematismus, Verzeichnis sämtlicher Klöster etc. Deutschlands und Österreich-Ungarns (3. Aufl., Paderb. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 153-156.
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