Stricken

[119] Stricken, die mittels zweier Nadeln hergestellte Verschlingung eines einzigen Fadens in Maschen ohne Knoten zu einer Stofffläche, deren Faden sich aber wieder ausziehen oder auffädeln und von neuem bearbeiten läßt. Als Material gebraucht man Seide, Wolle oder Baumwolle. Die Nadeln werden aus Stahl, Holz oder Knochen angefertigt, sind 20–50 cm lang, von oben bis unten gleich stark und an den Enden etwas zugespitzt. Wenn man nur mit zwei Nadeln strickt, so sind diese an einem Ende mit einem Knopfe versehen, damit die Maschen nicht abgleiten können. Auf die eine Nadel werden durch Knüpfen Maschen aufgelegt; diese Nadel nimmt man in die linke Hand und legt den an der letzten Masche hängenden Faden über den Zeigefinger um die andern Finger; mit der von der rechten Hand gehaltenen zweiten Nadel sticht man in die erste Masche, faßt mit der Nadel den straff angezogenen Faden, zieht ihn durch die Masche hindurch und läßt diese von der Nadel heruntergleiten. Man unterscheidet Rechts- oder Glatt- und Linksstricken. Beim Rechtsstricken sticht man von vorn in die Masche und zieht den Faden von hinten nach vorn durch, beim Linksstricken ist es umgekehrt. Ist die Strickarbeit lappen- oder streifenartig, so bedient man sich zweier Nadeln und wendet jedesmal am Ende der Nadel das Strickzeug um. Will man ein Rund stricken, so braucht man fünf Nadeln. Auf vier verteilt man die Maschen, mit der fünften strickt man. Der Faden wird ohne Unterbrechung von der letzten Masche einer Nadel durch die erste der nächsten gezogen. Durch die Abwechselung von Rechts- und Linksstricken, Ab- und Zunehmen, Verschränken und andre Arten von Maschenbilden kann man verschiedene Muster in die Strickerei bringen. Strickarbeiten werden zu fast allen Kleidungsstücken verwendet (Strümpfe, Röcke, Jacken, Hauben etc.); auch gestrickte Spitzen waren im Anfang des 19. Jahrh. gebräuchlich. In neuerer Zeit werden Strickereien vielfach durch Strickmaschinen hergestellt (s. Wirkerei). Das S. soll bereits im 13. Jahrh. in Italien bekannt gewesen, nach andern aber erst im 16. Jahrh. in Spanien erfunden worden sein. Von hier gelangte es nach England, wo 1564 William Rider als erster Strumpfstricker genannt wird. Um dieselbe Zeit gab es in Deutschland Hosenstricker, und noch lange wurde das S. von Männern ausgeübt. Vgl. Heine, Schule des Strickens (4. Aufl., Leipz. 1890); Hillardt, Das S. (6. Aufl., Wien 1905); Obermayer, Technik der Kunststrickerei (das. 1896); Dillmont, Enzyklopädie der weiblichen Handarbeiten (Dornach 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 119.
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