Stricken

[925] Stricken, 1) aus einem Faden eine zusammenhängende, einem Gewebe ähnliche Arbeit dadurch fertigen, daß man den Faden mit Hülfe zweier od. mehrer Stricknadeln zu Maschen verschlingt. Die Stricknadeln sind schwächere od. stärkere, gewöhnlich 8–10 Zoll lange Stücken Messing-, Eisen- od. Stahldraht, an beiden Enden abgestumpft u. ohne Öhre; bei gröberen Arbeiten aus Wollengarn hat man auch längere u. dickere, an beiden Enden mit Knöpfchen versehene Nadeln aus Holz od. Bein. Man strickt bes. Strümpfe, Jacken, Hosen, Handschuhe, Decken etc. Das S. wurde sonst von den zünftigen Strumpfstrickern geübt; jetzt werden derartige Arbeiten mehr fabrikmäßig von den Strumpfwirkern gefertigt; außerdem daß der häusliche Bedarf, namentlich an Strümpfen, von den Frauen der Familie gefertigt wird. Sonst strickte man mit vier Nadeln aus der Strickscheide, einem Röhrchen, welches man vorn am Leibe befestigte u. in welches man die Nadel steckte, auf welcher man die Maschen bildete. Beim Strumpfstricken hat man jetzt gewöhnlich fünf Nadeln; die Nadel, mit welcher man die neuen Maschen bildet (abstrickt), führt man mit der rechten Hand, diejenige der vier eingestrickten Nadeln, von welcher man abstrickt, mit der linken Hand; mit jener langt man durch eine Masche der letztern hindurch, faßt den Strickfaden, zieht ihn durch diese Masche durch u. läßt nun die Masche selbst von ihrer Nadel herab, wodurch sich auf der erstern Nadel eine neue Masche bildet. Beim Rechts- (Glatt-) stricken sticht man von außen durch die alte Masche u. hat den Faden zur neuen Masche auf der innern Seite; beim Links- (Verwendet-) stricken ist es umgekehrt, Durch diese u. andere Abänderungen in der Maschenbildung erzeugt[925] man Muster in der Strickerei, welche sonst auch in Strümpfen sehr gesucht waren. Beim Abnehmen strickt man zwei Maschen zugleich ab, bildet also aus zwei alten nur eine neue; beim Zugeben bildet man zwei neue Maschen an Stelle einer alten, indem man außer dieser noch eine Masche der darunter liegenden Maschenreihe abstrickt. Durch Zugeben u. Abnehmen ändert man die Weite der Arbeit. Die erste Maschenreihe schlingt man aus freier Hand mit doppeltem Faden über je zwei Nadeln zugleich (auflegen) u. vertheilt sie dann auf alle vier Nadeln. Außer der gewöhnlichen glatten Strickerei gibt es auch ein Patentstricken u. Perlenstricken (s. b.). Alles S. mit Nadeln soll nach den Einen in Schottland erfunden worden sein u. wurde schon im ersten Viertel des 16. Jahrh. in Frankreich getrieben; nach And. wurde es in Spanien erfunden, kam von da nach Italien u. nach 1560 nach England. In Frankreich trug die ersten gestrickten seidenen Strümpfe 1547 der König Heinrich II., in England 1561 die Königin Elisabeth. 2) (Seiler), das Verfertigen der verschiedenen Netze u. ähnlicher Arbeiten ist, wie das Filetstricken (s.d.), eine Art Knüpfen, da ein Knoten die einzelnen Maschen schließt, in welche der Bindfaden od. das Garn zusammengeschlungen ist. Damit die einzelnen Maschen ganz gleiche Größe haben, werden sie über das Strickbret od. Strickholz, ein dünnes Bret, geschlungen. Man strickt hier nur mit einer einzigen Nadel, auf welche der Faden aufgewickelt wird, weshalb sie an beiden Enden Öhre mit Zungen, od. auch bloße Vertiefungen hat.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 925-926.
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