[588] Wickram, Georg, Schriftsteller des 16. Jahrh., war wahrscheinlich ein Handwerker in Kolmar, wo er 1549 eine Meistersingerschule gründete, wurde 1555 Stadtschreiber zu Burgheim am Rhein im Breisgau und starb vor 1562. Er gab Schriften früherer Zeit in neuen Bearbeitungen heraus (z. B. den Ovid Albrechts von Halberstadt, 1545) und erwarb sich besonders Verdienst durch sein »Rollwagenbüchlein« (zuerst 1555; neu hrsg. von H. Kurz, Leipz. 1865), eine Sammlung von trefflich erzählten Schwänken, bestimmt, »auf Schiffen und Rollwägen (Reisefuhrwerken), desgleichen in Scherhäusern und Badestuben erzählt zu werden«. Eine von seinen größern Erzählungen, die vorzugsweise für die deutsche Jugend geschrieben sind und die Anfänge des deutschen Romans bilden, heißt »Der Goldfaden« (zuerst Straßb. 1557; neu hrsg. von Brentano, Heidelb. 1809) und stellt dar, wie ein armer Hirtenknabe infolge seiner trefflichen Eigenschaften Schwiegersohn und Nachfolger eines Grafen wird. Andre Erzählungen sind: die »Historie von Gabriotto und Reinhard«, worin zwei edle Liebespaare an dem Unterschied ihres Standes zugrunde gehen; der »Knabenspiegel« (Straßb. 1554); »Ritter Galmy aus Schottland« (das. 1539 u. ö.); die »Geschichte des verlornen, aber reuig wiederkehrenden Sohns«; der »Irrereitende Pilger« (das. 1556); »Von guten und bösen Nachbauern« (das. 1556), eine alltägliche Familiengeschichte, ohne innere Konflikte, nur mit äußern Gefahren, die glücklich überwunden werden. Außerdem hat W. ein Fastnachtsspiel: »Der treue Eckart« (1538), ein »evangelisches Spiel« vom verlornen Sohn (1540) und ein Schauspiel: »Tobias« (Straßb. 1551), verfaßt und ältere Schauspiele für die Fastnachtslustbarkeiten neu bearbeitet. Eine kritische Ausgabe von Wickrams »Werken« besorgte J. Bolte (Stuttg., Literar. Verein, 190106, 8 Bde.). Vgl. Stöber, Jörg W., Volksschriftsteller etc. (Mülhauf. 1866); Scherer, Die Anfänge des deutschen Prosaromans und Jörg W. (Straßb. 1877).