[823] Ypern (spr. eip- oder ïpern, fläm. Jeperen, franz. Ypres), Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Westflandern, am Yperle und Knotenpunkt der Staatsbahnlinie Ostende-Y., der Eisenbahnen Kortrijk-Hazebrouck und Roeselare-Y. und der Nebenbahnen Veurne-Y. und Warneton-Y., durch einen Kanal mit Brügge, Ostende und Nieuport verbunden, hat 4 Kirchen (darunter die gotische Kathedrale St. Martin, eine der schönsten Kirchen Belgiens aus dem 13. Jahrh., mit den Grabmälern mehrerer Bischöfe); die stattlichen Hallen, ein 4872 qm großes, 12001380 durch die damals mächtige Tuchmachergilde in reichem gotischen Stil ausgeführtes und neuerdings wiederhergestelltes Gebäude (s. Tafel »Architektur IX«, Fig. 1) mit wertvollen neuen Wandmalereien von Pauwels und Delbeke und einem Belfried (70 m hoch), an das im 17. Jahrh. im Renaissancestil das Rathaus angebaut wurde, ferner eine alte Burgvogtei (Kastellanei) mit reichverzierter Fassade, eine Militärreitschule, eine Staats-Knabenmittelschule, Gewerbeschule, geistliches Collège, ein Tribunal, öffentliche Bibliothek, Gemäldegalerie, ein Altertümer- und Waffenkabinett, Spitzenindustrie, Baumwollweberei, Brauerei, lebhaften Handel und (1905) 17,350 Einw. Als Bischof von Y. (163538) ist berühmt geworden der hier geborne Cornelius Jansen, Stifter der Jansenisten. Um das von den Normannen zerstörte, später wieder aufgebaute Schloß Y. entstand allmählich eine Stadt, die im 13. und 14. Jahrh. zu den volkreichsten des Abendlandes zählte und eine blühende Tuchindustrie besaß, zugleich aber der Schauplatz innerer sozialer Wirren und erbitterter Kämpfe mit den andern Hauptstädten Flanderns (s. d.) war. Nach der Belagerung von 1383 begann der Verfall, der durch die spanische Eroberung 1584 vollendet wurde. Im 17. Jahrh. wurde Y. dreimal (1648, 1658 und 1678) von den Franzosen eingenommen und war darauf bis 1713 in deren Besitz. 1715 bis 1781 eine der Barrierefestungen, hatte es bis 1744 eine holländische Besatzung, gehörte 17941814 abermals zu Frankreich, dann zum Königreich der Niederlande und fiel 1830 an Belgien. Die Festungswerke sind jetzt geschleift. Vgl. Vandenpeereboom, Ypriana (Brügge 187883, 7 Bde.); H. Hymans, Brügge und Y. (Leipz. 1901).