[834] Zählmaschinen, elektrische, ein Behelf für die Aufbereitung statistischer Daten. Von Hollerith in Washington erfunden, ist sie angewendet worden für die Bearbeitung des amerikanischen Zensus von 1890 und 1900, der österreichischen Volkszählungen von 1890 und 1900, der russischen Volkszählung von 1895 und der französischen Berufsstatistik von 1896. Außerdem werden von der österreichischen statistischen Zentralkommission elektrische Z. für den laufenden statistischen Dienst, insbes. für die Bearbeitung der Statistik der Bevölkerungsbewegung, verwendet. Die Anwendung der elektrischen Zählmaschine setzt voraus, daß die zu zählenden Erhebungsmomente auf Individualzählkarten übertragen werden. Die Karten sind in kleine Felder eingeteilt. Jedes dieser Felder entspricht einer nach der Art der betreffenden Erhebung möglichen Angabe. Trifft die für ein Feld vorgesehene Angabe zu, so wird in das Feld mittels einer Perforiermaschine ein kleines rundes Loch gestanzt. Um z. B. den Familienstand einer Person zu kennzeichnen, sind vier Felder vorgesehen. Sie bedeuten: ledig, verheiratet, verwitwet, geschieden. Das Feld, das dem bei der Zählung tatsächlich angegebenen Familienstand entspricht, wird perforiert. Um mit der vorhandenen Zahl von Feldern das Auslangen zu finden, werden Angaben, die sonst eine größere Anzahl von Feldern und Löchern erforderten, durch je zwei oder mehr Löcher ausgedrückt, die zueinander in Beziehung gesetzt werden, soz. B. das Alter durch zwei Reihen von je 10 Löchern, von denen die eine der Zehnerstelle, die andre der Einerstelle des Geburtsjahres oder des vollendeten Altersjahres entspricht. 2 Löcher in einer Gruppe von 20 Feldern ermöglichen so durch Permutation 100 Altersangaben. Jede Erhebung erfordert also eine eigne Disposition über die Felder und einen eignen Lochplan. Die Perforation der Karten geschieht mit einer eignen, sinnreich konstruierten Maschine, die es ermöglicht, die Angaben durch Löcher in den Zählkarten rascher auszudrücken, als dies durch handschriftliche Übertragung möglich wäre. Ein halbwegs geübter Arbeiter kann in einer Stunde leicht 100 Karten erledigen. Ist die Locharbeit beendet, so haben wir alle gezählten Personen oder Fälle durch Zählkarten, die bei der Zählung ermittelten Eigenschaften durch die in die Karten geschlagenen Löcher und durch deren gegenseitige Stellung gekennzeichnet, ähnlich wie dies bei den Dessinkarten einer Jacquardmaschine hinsichtlich des Dessins der Fall ist. Sodann werden die Karten durch die elektrische Zählmaschine geführt. Das[834] leitende Prinzip derselben besteht darin, daß durch die in den Karten angebrachten Löcher elektrische Ströme hindurchgehen und Zählwerke in Bewegung setzen, die anzeigen, wie oft die durch die Löcher repräsentierten Eigenschaften in der Gesamtheit der Zählkarten enthalten gewesen sind. So einfach das Prinzip an und für sich ist, so kompliziert ist ihre Durchführung. Die elektrische Zählmaschine besteht aus vier Hauptbestandteilen: dem Kontaktapparat, den Zählwerken, der Relaisanlage und dem Fächerkasten. Der Kontaktapparat enthält eine Hartgummiplatte, in die ebensoviel Löcher und zwar in der gleichen räumlichen Anordnung gebohrt sind, wie solche in einer Zählkarte überhaupt vorkommen können (in der Regel 240). Die Löcher sind mit Quecksilber gefüllt und stehen mit elektrischen Stromleitungen in Verbindung. Oberhalb der Platte bewegt sich an einem Hebel ein Rahmen mit Nadeln, die an Federn spielen, den Löchern der Platte entsprechen und in den Stromkreis ein geschaltet sind. Wird die Platte durch eine entsprechend gelochte Karte verdeckt und der Rahmen durch einen Griff am Hebel herabgezogen, so tauchen dort, wo Löcher angebracht sind, die Nadeln in die Quecksilbernäpfe ein, und die den Löchern entsprechenden Ströme werden geschlossen. Die andern Nadeln werden durch die Karte zurückgedrängt. Ist eine weitergehende Kombination der Erhebungsmomente nicht beabsichtigt, so werden die Zählwerke direkt in jene Ströme eingeschaltet. Die Zählwerke bestehen aus kleinen Elektromagneten, die mittels eines Häkchens Registrieruhren in Bewegung setzen. Ein Zeiger zählt die Einheiten, ein zweiter Zeiger die vollendeten Hunderter. Jede Karte wird in solcher Weise durch einen Druck auf den Hebel des Kontaktapparats registriert. Der Hebel kehrt nach jedem Kontakt automatisch in seine frühere Lage zurück. Sind alle Karten erledigt, so geben die Zähluhren an, wie oft die durch die Löcher, bez. elektrischen Ströme ausgedrückten Erhebungsmomente vorgekommen sind. Zur Kombination verschiedenartiger Erhebungsmomente sind die Relais und der Fächerkasten bestimmt. Die Relais werden zwischen dem Kontaktapparat und den Zählwerken in der Weise eingeschaltet, daß von den beiden miteinander zu kombinierenden Strömen der eine durch die Multiplikationsspüle, der andre durch das Ankermassiv des Relais gehen. Nur wenn beide Ströme im Relais zusammentreffen, wird das Zählwerk in Bewegung gesetzt, das die kombinierte Eigenschaft registriert. Der Fächerkasten aber sortiert automatisch die erledigten Zählkarten nach jenen Gesichtspunkten, nach denen bei der nächstfolgenden Auszählung die Kombination mit andern Erhebungsmomenten stattfinden soll. Handelt es sich z. B. um eine Kombination mit fünfjährigen Altersstufen, so würden bei der ersten Auszählung die Karten der Personen, die der gleichen Altersstufe angehören, zusammengelegt und ausgeschieden werden. Indem man bei der nächsten Auszählung eines dieser Pakete nach dem andern durch die Maschine führt und die Resultate für jede Altersstufe gesondert aufnotiert, erhält man alle Angaben der Zählwerke kombiniert mit den schon durch die Anordnung der Karten gegebenen Altersklassen. Der Vorzug der elektrischen Zählmaschine besteht darin, daß sich die Kombinationen der verschiedenen Erhebungsmomente ohne erhebliche Mehrkosten beliebig vermehren und verfeinern lassen. Auch können je nach der Anzahl der Zählwerke, die der Apparat enthält, verschiedene Erhebungsmomente gleichzeitig ausgezählt werden. Eine automatische Kontrolle für die Richtigkeit der Arbeit besteht darin, daß die Summen der für jede Gruppe von Erhebungsmomenten registrierten Ergebnisse untereinander übereinstimmen müssen. Die Maschine arbeitet also rascher und präziser als die gewöhnliche Zählkartentechnik und ermöglicht überdies eine ungleich weitergehende Analyse des Materials. Wurden die zu verarbeitenden Daten bei der Erhebung auf Listen verzeichnet, so daß auch zur Bearbeitung nach der gewöhnlichen, bisher üblichen Zählkartenmethode Zählkarten angefertigt werden müssen, so stellt sich die Maschinenarbeit erheblich wohlfeiler. Stehen jedoch zur Auszählung unmittelbar geeignete Zählkarten schon von der Erhebung her zur Verfügung, so bedingt die Maschine einen Mehraufwand für die Anfertigung von Lochkarten, der die sonstige Kostenersparnis in der Regel überragt. Ein Mangel der bisher in den statistischen Ämtern verwendeten elektrischen Z. ist es, daß sie immer nur Einheiten kontieren, aber nicht Summen addieren. Dieser Mangel ist dadurch beseitigt worden, daß der Erfinder der Maschine, H. Hollerith, auch eine elektrische Addiermaschine konstruiert hat, die mit der Zählmaschine in Verbindung gebracht werden kann. Vgl. Rauchberg, Die elektrische Zählmaschine und ihre Anwendung (im »Allgemein Statistischen Archiv«, Bd. 2, S. 78 ff.) und Erfahrungen mit der elektrischen Zählmaschine (ebenda, Bd. 4, S. 131 ff.).