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[48] Original: im Mozarteum


An Karl Mozart in Mailand


Wien, am 28. Februar 1809.


Lieber Karl!


Deinen Brief vom 17. Jänner habe ich, Gott sey es gedanckt, bey guter Gesundheit erhalten. Alles ist mir recht, was Du thust, wenn es Dir nur gut gehet. Dies ist mein einziger Wunsch. Ich habe Dir auch deswegen meine herzliche mütterliche Meinung mitgetheilt, und gewiß aus keiner andern Ursache, wie Du mir gewiß glauben wirst. Da aber wir leider in einem so kritlichen Zeitpunckt1 leben, wo sich aller Augenblicke etwas ändert, so rathe ich Dir auch gar nicht und laße es Dir ganz und gar über, was Du thuen willst.

Wowi2 gehet es gut, und ist sehr zufrieden, wo er ist; er schrieb mir, daß daß er Dir schreiben werde, und ich will hoffen, daß er es gethan. Mit[48] voriger Post schrieb Nißen an Dich und schickte wie gewöhnlich einen Wechsel, den Du vielleicht bei Erhalt meines Briefes schon in Händen haben wirst. Seit dem 16. dieses, auf meinem Namenstag, den Du schon längst vergeßen hast, ist Nißen Ritter vom Danebrok-Orden. Du hast also auf seyne Adrehse umsovielmehr zu schreiben und ihm zu gratuliren zu dem, was er schon lange verdient hat zu seyn. Schreibe mir bald und sage mir doch einmahl, wer diese Leute sind, die Dir so viel Gutes gethan haben. Im vorigen Briefe sagst Du mir von einem, von dem Du mir in vorigen Zeiten schon geschrieben hättest; allein weder ich noch Nißen können uns dessen besinnen, und in diesem sagst Du: die Dame ist gestorben, wovon ich euch erzählt habe. Dies ist alles nicht Klarheit für mich, und ich bitte Dich daher, mirs aufzuklären. Patuzzi war immer ein miserabler Mann und ist gewiß selber schuld, wenn es mit seyner Frau dahin kommt, wie Du und ich glauben. Daß Imperatrice tod ist3, wußte ich und nahm großen Antheil daran, da es jamerschade für ihr Talent ist, welches mir so viel Vergnügen machte; allein es konnte nicht anderst kommen, weil sie sich zu viel anstrenckte, und ich sagte oft, daß sie einmahl auf dem Theater bleiben müße. Ihre Schwester Marianne4 wird dasselbe Schicksahl haben. Nun lebe wohl, sey fleißig und glaube, daß Du dadurch glücklich machen kannst Deine

Mutter Constance.


[Nachschrift:] Sollte ich denn meinen Huth auch dieses Jahr nicht bekommen können? Alle, die Dich kennen, laßen Dich grüßen, besonders aber Tante Sophie, die mit ihrem Mann recht glücklich in Ungarn lebt. Auch mein schöner weißer ami, den ich seit dem Tage Deiner Abreiße habe und [der] mir so zugethan ist, daß er demjenigen, der mir etwas zu leid thuen wollte, in tausend Stücke zerreißen würde, ließe Dich grüßen, wenn er sprechen könnte. Das arme Thier kann sich nicht in Wowis Abreiße finden. Wenn ich ihm nun sage: Wo ist Wowi? – so sucht er das ganze Hauß aus, und er hat ihm doch nichts Gutes gethan und war im Gegentheil ein bößer Bube gegen ihn.

Fußnoten

1 Österreich stand vor dem Kriege mit Napoleon. Am 21. und 22. Mai 1809 ist die Schlacht bei Aspern; am 5. und 6. Juli die bei Wagram. Am 14. Oktober 1809 wird der Friede zu Wien geschlossen.


2 Karls Bruder.


3 Madame Sessi.


4 Maria Anna Natorp-Sessi (1770–1847), die Schwester der Imperatrice Sessi, verheiratet (1805 geschieden) mit dem Kaufmann und Armeelieferanten Franz Wilhelm (Baron) v. Natorp, dem Bruder des bereits S. 38, 43, 46 genannten Majors v. Natorp.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 49.
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