2. Nissen.

[6] Verona 7. Januar 1770.

Allerliebste Schwester!

Einen spannenlangen Brief habe ich gehabt, weil ich auf eine Antwort vergebens gewartet habe; ich hatte auch Ursache, weil ich Deinen Brief noch nicht empfangen hatte. Jetzt hört der deutsche Tölpel auf und das wälsche Tölperl fängt an. Lei è piu franca nella lingua italiana di quel che mi ho imaginato. Lei mi dica la cagione, perchè Lei non fù nella commedia che anno giocato i Cavalieri. Adesso sentiamo sempre una Opera titolata: Il Ruggiero. Oronte, il padre di Bradamante, è un principe (fà il Sign. Afferi), bravo cantante, un baritono, mà gezwungen, wenn er in Falset hinaufpiepet, aber doch nicht so sehr wie Tibaldi in Wien. Bradamante, innamorata di Ruggiero (mà sie soll den Leone heirathen, will aber nicht), fà una povera Baronessa, che ha avuto una gran disgrazia, mà non sò la quale. Recita unter einem fremden Namen, ich weiß aber den Namen nicht; ha una voce passabile e la statura non sarebbe male, ma distuona come il diavolo. Ruggiero, un ricco principe innamorato di Bradamante, è un Musico: canta un poco Manzuolisch4 [6] ed ha una bellissima voce forte ed è già vecchio: ha 55 anni ed a una läufige Gurgel. Leone soll die Bradamante heirathen, richississimo è; ob er aber außer dem Theatro reich ist, das weiß ich nicht. La moglie di Afferi, che ha una bellissima voce, ma è tanto susurro nel teatro che non si sente niente. Irene fà una sorella di Lolli den gran Violinista che habbiamo sentito a Vienna, a una schroffeltevoce et canta sempre um ein Viertel zu tardi o troppo à buon' ora. Ganno fà un signore che non sò come si chiama: è la prima volta che lui recita. Zwischen einem jeden Act ist ein Ballet. Es ist ein braver Tänzer da, der sich nennt Monsieur Rœssler. Er ist ein Teutscher und tanzt recht brav. Als wir das letzte Mal (aber nicht gar das letzte Mal) in der Oper waren, haben wir den Mr. Rœssler in unsern Palco heraufkommen lassen (denn wir haben die Loge des Mr. Carlotti frey, denn wir haben den Schlüssel dazu) und mit ihm geredet. A propos, Alles ist in der Maschera jetzt, und was das Commodeste ist, wenn man eine Larve auf dem Hute hat und hat das Privilegium den Hut nicht abzuziehen, wenn Einer mich grüßt, und nimmer beym Namen zu nennen, sondern allezeit:Servitore umilissimo, Signora Maschera. Cospetto di Bacco, das spritzt. Was aber das Rareste ist, ist dieses, daß wir um halb acht Uhr zu Bette gehen. Se Lei indovinasse questo, io dirò certamente, che Lei sia la Madre di tutti gli indovini. Küsse anstatt meiner der Mama die Hand, und Dich küsse ich zu tausend Mal und versichere Dich, daß ich werde bleiben immer

Dein aufrichtiger Bruder

Portez Vous bien et aimez moi toujours.

4

Manzuoli war ein berühmter Sopranist, von dem Mozart in London einigen Unterricht im Gesang genossen hatte.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 6-7.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Mozarts Briefe
Mozarts Briefe