267. Originalabschrift bei Frau Hilz in Salzburg.

[471] Liebstes bestes Weibchen!

Gestern Donnerstag den 13. ist Hofer mit mir hinaus zum Carl [Mozarts ältestem Sohn, der in einer Erziehungsanstalt war]. Wir speisten drauß, dann fuhren wir herein. Um 6 Uhr holte ich Salieri und die Cavalieri mit dem Wagen ab, und führte sie in die Loge (dann ging ich geschwind die Mama und den Carl abzuholen, welche unterdessen bei Hofer gelassen habe). Du kannst nicht glauben, wie artig beide waren, – wie sehr ihnen nicht nur meine Musik, sondern das Buch und alles zusammen gefiel. Sie sagten beide, das sei eine Oper würdig bei der größten Festivität vor dem größten Monarchen aufzuführen, – und sie würden sie gewiß sehr oft sehen, denn sie haben noch kein schöneres und angenehmeres Spectakel gesehen. Er hörte und sah mit aller Aufmerksamkeit, und von der Sinfonie bis zum letzten Chor war kein Stück, welches ihm nicht ein bravo oder bello entlockte113; und sie konnten fast gar nicht fertig werden, sich über diese Gefälligkeit bei mir zu bedanken. Sie waren allzeit[471] gesinnt gestern in die Oper zu gehen. Sie hätten aber um 4 Uhr schon hinein sitzen müssen; – da sahen und hörten sie aber mit Ruhe. – Nach dem Theater ließ ich sie nach Hause führen, und ich soupirte mit Carl bei Hofer. – Dann fuhr ich mit ihm nach Hause, allwo wir beide herrlich schliefen. Dem Carl Hab ich keine geringe Freude gemacht, daß ich ihn in die Oper abgeholt habe. – Er sieht herrlich aus, – für die Gesundheit könnte er keinen bessern Ort haben, aber das übrige ist leider – elend! – Einen guten Bauern mögen sie wohl der Welt erziehen! – aber – – Genug, ich habe weil Montag erst die großen Studien (daß Gott erbarm!) beginnen, den Carl bis Sonntag nach Tisch ausgebeten; ich habe gesagt, daß Du ihn gerne sehen möchtest. Morgen Sonntag komme ich mit ihm hinaus zu Dir, – dann kannst Du ihn behalten, oder ich führe ihn Sonntag nach Tisch wieder zum Hecker. – Ueberlege es, wegen einem Monat kann er eben nicht verdorben werden, denke ich! – Unterdessen kann die Geschichte wegen den Piaristen zu Stande kommen, woran wirklich gearbeitet wird. Uebrigens ist er zwar nicht schlechter, aber auch um kein Haar besser als er immer war; er hat die nämliche Unform, plappert gerne wie sonst, und lernt fast noch weniger gern, weil er darauß nichts als Vormittags 5 und nach Tisch 5 Stunden im Garten herumgeht, wie er mir selbst gestanden hat; – mit einem Wort, die Kinder thun nichts als essen, trinken, schlafen und spazieren gehen.

Eben ist Leitgeb und Hofer bei mir; ersterer bleibt bei mir beim Essen; ich habe meinen treuen Cameraden Primus eben um ein Essen ins Bürgerspital geschickt. – Mit dem Kerl bin ich recht zufrieden; ein einziges Mal hat er mich angesetzt, daß ich gezwungen war bei Hofer zu schlafen, welches mich sehr seckirte, weil sie mir zu lange schlafen. Ich bin am liebsten zu Hause, weil ich meine Ordnung schon gewohnt bin; das einzige Mal hat mich ordentlich üblen Humors gemacht. Gestern ist mit der Reise nach Bernsdorf der ganze Tag darauf gegangen, darum konnte ich Dir nicht schreiben – aber daß Du mir 2 Tage nicht geschrieben, ist unverzeihlich, heute hoffe aber gewiß Nachricht von Dir zu erhalten und[472] morgen selbst mit Dir zu sprechen und Dich von Herzen zu küssen. Lebe wohl. Ewig Dein

Den 14. October 1791.

Mozart.

Die Sophie [seine jüngste Schwägerin, vgl. Nr. 180] küsse ich tausendmal, mit N.N. mache was Du willst.

113

Daß Salieri Mozart nicht günstig gesinnt war, sahen wir in mehreren Stellen der Briefe, und er soll sogar nach Mozarts Tode zu Bekannten gesagt haben: »Es ist zwar Schade um ein so großes Genie, aber wohl uns daß er todt ist; denn hätte er länger gelebt, wahrlich, man hätte uns kein Stück Brod für unsere Compositionen gegeben.«

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 471-473.
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