79. Mozarteum.

[99] Mannheim 26. Nov. 1777.

– – Und überdieß hat mir noch Jederman der Mannheim kennt, auch Cavaliere, gerathen hieher zu reisen. Die Ursache warum wir noch hier sind, ist weil ich im Sinn habe den Winter hier zu bleiben, ich warte nur auf Antwort vom Churfürsten. Der Intendant Graf Savioli ist ein recht braver Cavalier, und dem habe ich gesagt, er möchte dem Churfürsten sagen, daß weil ohnedem jetzt eine schlechte Witterung zum Reisen ist, so wollte ich hier bleiben und den jungen Grafen [Carl Theodors natürlichen Sohn] instruiren. Er versprach mir auch sein Möglichstes zu thun, nur sollte ich Geduld haben, bis die Galla-Tage vorbei wären. Dieses geschah alles mit Wissen und auf Anstiftung des Cannabich. Da ich ihm erzählte, daß ich beim Savioli war und was ich ihm sagte, so sagte er mir, daß er gewisser glauben würde, es geschehe als nicht. Nun hat Cannabich, noch ehe der Graf mit dem Churfürsten geredet hat, über dieses gesprochen.[99]

Nun muß ich es abwarten. Ich werde morgen meine 150 Fl. beim Hrn. Schmalz abholen; denn der Wirth wird ohne Zweifel lieber Geld als Musik klingen hören. Ich hätte freilich nicht geglaubt, daß ich hier eine Uhr würde zu verehren bekommen [vgl. Nr. 74]; aber jetzt ist es nun einmal so. Ich wäre schon längst weg, aber alles sagt mir: Wo wollen Sie denn den Winter hin? – Bei dieser Jahreszeit ist es ja gar übel zu reisen. Bleiben Sie hier. – Der Cannabich wünscht es auch sehr, mithin hab ich es halt jetzt probirt, und weil man so eine Sache nicht übereilen kann, so muß ich es halt mit Geduld erwarten; und ich hoffe Ihnen bald eine gute Nachricht geben zu können. Zwei Scolaren habe ich im Voraus schon, ohne die Erz-Scolaren, die mir gewisser als nicht, ein jeder 1 Louis den Monat geben. Ohne den Erz läßt es sich freilich nicht thun. Nun lassen wir das, wie es ist und wie es sein wird; was nützen doch die überflüßigen Speculationen! Was geschehen wird, wissen wir doch nicht; doch – wir wissen es! – was Gott will.

Nun lustig Allegro, non siate so pegro. Wenn wir allenfalls von hier wegreisen, so gehen wir schnurgerade – wohin? – nach Weilburg oder wie es heißt, zu der Prinzessin, der Schwester des Prinzen von Oranien, die wir à la Haie so gut gekannt haben. Dort bleiben wir nota bene, so lang uns die Offizier-Tafel schmeckt und bekommen doch gewiß aufs wenigste 6 Louisd'or.

Es sind etliche Tage daß der Herr Sterkel hier ist von Würzburg. Vorgestern als den 24. speiste ich mit Cannabich abermal beim Oberstjäger von Hagen und auf den Abend war ich al solito beim Cannabich, und da kam der Sterkel32 hin. Er spielte 5 Duetten [Sonaten mit Violine], aber so geschwind, daß es nicht auszunehmen war, und gar nicht deutlich, und nicht auf den Takt. Es sagten es auch alle. Die Mademoiselle Cannabich spielte die 6. und in Wahrheit besser als der Sterkel.[100]

Nun muß ich schließen weil ich keinen Platz mehr habe zum schreiben; dann im Bette kann ich nicht schreiben und auf mag ich nicht bleiben, weil es mich so schläfert. P.S. Wenn ich noch einen Platz fände, so schreibete ich 100000 Complimente von uns 2, sage von uns zwei an alle gute Freunde und Freundinnen. Besonders an die A. Adlgasserische, Andretterische und Arco (Graf); B. Hrn. Bullinger, Barisanische und Beranzky; C. Czernin (Graf) Cussetti, und die drei Hrn. Calcanten; D. Hrn. Daser, Deibl und Dommeseer; E. Mademoiselle Eberlin Waberl, Hrn. Eßlinger und alle Eseln zu Salzburg; F. Firmian (Graf und Gräfin und Dalkerl), den kleinen Franzl und an Petrischen Freihof; G. Mademoiselle und Mad. et deux Mons. Gylofsky und auch an Conseiller, dann Hrn. Gretri und Gablerbräu; H. den Haydnischen, Hagenauerischen und der Höllbräu-Thresel; I. Joli (die Sallerl), an Hrn. Janitsch den Geiger und an Jakob beim Hagenauer; K. Hrn. und Frau von Kürsinger, Graf und Gräfin Kücheburg und Hrn. Kassel; L. Baron Lehrbach, Graf und Gräfin Litzauer, Graf und Gräfin Lodron; M. Hrn. Meißner, Mödlhammer- und Moser-Bräu; N. die Nannerl, den Hofnarren Pater Florian und allen Nachtwächtern; O. den Graf Oxenstirn, die Hrn. Oberbrüder und allen Ochsen in Salzburg; P. den Prexischen, Graf Prawek Kuchelmeister und Graf Perusa; Q. den Hrn. Quilibet, quodlibet und allen Quäckern; R. den Pater Florian Reichsiegel, Robinigsche und Maestro Rust; S. den Hrn. Suscipe, Hrn. Seiffert, und an alle Säu in Salzburg; T. Hrn. Tanzberger unsren Metzger, der Theresel und an alle Trompeter; U. an die Stadt Ulm und Utrecht und an alle Uhren in Salzburg; W. an den Wieserischen Wurstmacher Hans und an Woferl [so wurde er selbst genannt]; X. an die Xantippe, an Xerxes und an alle die, deren Namen mit einen x anfängt; Y. an Hrn. Ypsilon, an die Hrn. Ybrig und an alle die, deren Namen mit ein y anfängt; letztens aber Z. an Hrn. Zabuesnig, Hrn. Zonca und Hrn. Zezi im Schloß. Adio. Wenn ich Platz hätte, so schriebe ich schon noch etwas, aufs wenigste doch Complimente an meine gute Freunde, so kann es aber nicht sein, ich wüßte nicht, wo ich hinschreiben sollte. Ich kann gescheuts nichts heut schreiben, denn ich bin heiß völlig aus[101] dem Viel [völlig aus dem Geleise]. Der Papa üble es mir nicht. Müssen haben, ich so halt einmal heut bin; ich helf mir nicht können. Wohlen sie leb, ich gute eine wünsche Nacht. Sunden Sie geschlaf. Werdens nächste ich schon schreiber gescheiden. –

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Abbé Sterkel, beliebter Componist und Claviervirtuos, den auch Beethoven mit Simrock, Ries und den beiden Romberg im Herbst 1791, in Aschaffenburg besuchte. Wegeler und Ries Biogr. Not. über L.v. Beethoven, S. 17.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 99-102.
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