28.

[53] Rom den 27 Junij 1770.


Gestern um 8 uhr abends sind wir hier in Rom angelangt, wir machten diese Reise, wozu wir mit demVitturino 4 und einen halben tag zugebracht, itzt mit der Post in 27 Stunden. wir sind aber rechtschaffen geflogen. h: graf v Kaunitz kam erst heute: ich dachte es wäre besser allein zu reisen, weil man oft so viele Pferde auf den Poststationen nicht findet, so hätte man alsdann die Ehre einen halben tag auf einer Post sitzen zu bleiben und auf die zurückkunft der Pferde zu warten; um so mehr, als ich wuste, daß S:Ex: h: general Koch mit 5 Pferd, und ein Engelländer mit 7 Pferde nach Rom gehen werden. wir reiseten also allein von Neapl [53] ab, und ich gab mich aller orthen für den Haushofmeister des Kays: gesandten aus, weil die Haushofmeister solcher herrn in diesen Orten in vielem ansehen stehen. Dieses machte nicht nur meine Reise sicher, sondern ich erhielte gute Pferde, geschwinde Beserderung, und in Rom durfte ich nicht in die Mauth zur Visitation fahren, sondern man machte mir beym thor noch ein tiefes Comp: hieß mich gerade nur nach Hause fahren, und ich wurf ganz vergnügt ihnen ein paar Paul ins gesicht. Weil wir nun in diesen 27 St: unserer Reise nur 2 Stund geschlafen, und nichts als 4 gebrathne Kalte Hendl im Wagen mit einem Stück Brod verzehrt, so kannst Du Dir unsern Hunger, Durst und schlaf leicht vorstellen. unsere gute frau Uslenghi hat uns einen guten lindgekochten Reiß gegeben und wir nahmen nichts weiters als ieder ein paar lindgesottne Eyer x: und da wir in unser zimmer kamen, setzte sich der Wolfg: auf einen sessl nieder und fieng augenblicklich zu schnarchen und so vest zu schlafen an, daß ich ihn völlig auszog und ins beth legte, ohne daß er nur das mindeste zeichen gab, dass er wach werden konnte, sondern schnarchte immer fort, obwohl ich ihn zu zeiten vom sessl aufheben und wieder niedersetzen und endlich gänzlich schlafend ins beth schleppen muste. als er nach 9 uhr morgens erwachte wuste er nicht wo er war, und wie er ins Beth gekommen; und er lag schier die ganze Nacht auf dem nämlichen Platz. Wir sind also, Gott Lob, gesund. Morgen und übermorgen werden wir die feuerwerk, die girandola x: und alle dergleichen schöne dann die überreichung des Neapolit: Tributs, und das Amt und Vesper in St. Peter sehen. Daß h: Meissner noch nicht in Salzb: war, da Du mir geschrieben, wundert mich sehr; noch mehr aber, daß er nichts nach Salzb: geschrieben, wenn es wahr wäre, daß er krankheit halber noch nicht angelangt. Ich weis nichts von ihm. Die Mdßle Troger ist also noch nicht verreiset? ich vermuthe dieser Brief wird noch wohl zurecht kommen, und Du wirst ihr noch ein Comp: v mir ausrichten können. Auf diesen Brief darfst Du mir nicht antworten bis ich Dir nicht wieder schreibe. Du must unterdessen vom 5, 9, und 16 Junij von mir aus Neapl briefe haben. Deine Briefe [54] habe bishero alle empfangen. In Neapl hat der Impressario Sgr. Amadori, da er den Wolfg: beym Jomelli gesehen1, und gehört, ihm angetragen eine opera auf dem Teatro Reale à S: Carlo zu schreiben. welches wir aber dermahl wegen Mayland nicht haben annehmen können. Der Impreßario erklärte sich alsdann, daß er wohl vorsehe, daß wegen einer einzigen opera es nicht der Mühe werth wäre bis nach Neapl zu reisen: allein er wünschte und hoste der Wolfg: werde in Bollogna oder Rom über kurz oder lang eine opera schreiben; er bitte uns ihm nur davon Nachricht zu geben, indem er ihm dann alsogleich die Scrittura fürs theatro Reale schicken wolle. Der h: Hornung hat um Arien gebethen. Du kanst ihm geben was er immer will. auch h: Spitzeder, wenn er etwas will. sie können es nur aussuchen; wenn sie es nur wieder mit der zeit zurückgeben. Lebe Du und die Nannerl gesund, wir küssen euch beyde 1000 mahl ich bin

Dein alter

Mozart


an alle freunde und freundinen in und ausser dem hause alles erdenkliche.

h: Mauricoffre war bey unserer abreise. Er hat uns die grösten freundstücke erwiesen. den letzten tag noch hat er uns hundert und 25 Duccaten aufgetrieben theils Romani, Cigliati und Zechini um wenigst das meiste der Nep: untzen oder oncie d'oro auszuwechseln und weg zu bringen, weil solche ausser Neapl nicht gehen.

Fußnoten

1 Vgl. Wolfgangs Brief vom 29. Mai (18).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 55.
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