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[159] Wienn den 28ten aug: 1773


Die Mdme Rosa haben wir am Doñerstage abends auf der Bastein angetroffen, wir waren in gesellschaft des h: v Mölk. Die gute Mdme that sehr fremde mit uns, dann sie wurde von einem gewissen Rosa, Thiermahler und gallerie inspector, am Arm geführt. gestern als den Tag darauf speisten wir beym h: Baron du Beine, der uns dann die verliebten Umstände derselben erzehlte, mit denen sie seinem brillianten Ring vergebens nachgestellet hatte. Der bewuste Uhrmacher ist auch hier; wir traffen ihn bald nach unserer Ankunft im Theater an, wo er uns dann erzehlte, daß die Mdme Rosa ihm das Portrait nach zu schicken versprochen, das er ihr schon bezahlt hatte. sie gab ihm aber auch Comißion ihr ein Stück eines gewissen Seidenzeuges zuschicken. Nun aber schrieb sie ihm, daß sie ihm das Portrait nicht schicken werde, wenn er ihr nicht das Stück Zeug vorhero einsenden werde. – – Dieser Tage begegnete er mir, und ich brachte ihm die neue Zeitung, daß Mdme Rosa nach Wienn kommen werde, ja, daß sie vermuthlich schon eingetroffen. Ich möchte dabey seyn, wenn sie zusammtreffen, dann er war wegen ihres Briefes und ihrer unbescheidenen forderung halber sehr wider sie aufgebracht. zu Mr de Laugier kommen wir öfters. Er empf: sich euch. – Baaden ist ein kleines Stättl. Der bäder sind sehr viele; alles auf die Arth wie in der Gastein, nur daß sie bequemmer gebaut sind. Die meisten Häuser sind eingericht ihre zimmer an fremde zu verlassen, und Kost zu geben. die schultzin, dessen Mann, der alte schulz, blind [159] in baaden gestorben, und die alsdann einen guten Hanswurst geheyrathet, ist die Principalin der Commoedie, und agiert recht gut, obwohl sie in ihrer Jugend schr schlecht war. von der fr: Leutgebin habe nicht mehr gesehen, dann wäre sie auch gekommen, da wir nicht zu Hause waren, so hätte die fr: fischerin ihr das Waderl, und wenn sie es genommen hatte, ihr auch 2 baar schuehe mit gegeben. Da h: Leutgeb, dem wir unser Comp: vermelden, nun selbst da ist, so mag er meinetwegen reisen wie es ihm beliebt, und solte er mit der fliegenden LuftMachine reisen. Das Geld, was ich ihr in Salzb: geliehen, bestehet in 6 Cremnützer-Duccatten, und 5 bayer: Thalern; ihre obligation ist in meinem Kasten, in einem der ersten 2 kleinen schublädchen lincker hand, wenn du in den kasten greifest. Es ist schon eine gute zeit, daß wir nicht mehr bey der fr: von Vauggen waren, dort laß sie mir einen Brief vom Dr Niderl1 daß er ohneweiters nach Wienn kommen werde. Da Du mir aber niemals etwas gemeldet, so glaube er werde sich wohl eines andern besonnen haben. Die Messmerischen sind auf der Rothmühl. Da wird nun die freul: Franzl neuerdings erkranken, und etwa gar sterben. nicht nur sie, sondern auch ihre schwester sind beständig beym Messmer. Gestern ist für das Mayr: Haus ein grosses Unglück geschehen. Der grössere Sohn, den h: von Mayer zu hause hat, und der schon einen ansehnlichen Dienst bekleidet und schönen Gehalt hat, hatte das unglück auf einem Landguth ausser Wienn aus dem schif ins Wasser in einen Wayer zu fallen, und sammt einen Wirth, der ihm aushelfen wollte, zu ertrincken. was für eine traurige Begebenheit für die alten ältern und seinen Bruder in Mayland!

unsere empf: an alle gute freunde und freundinen, wir küssen euch viel 100000000 mahl und bin Dein alter

Mzt


Beyde frauen fischerinen und h: fischer empf: sich, wie auch die Jungen Messmerischen, h: grill x: und viele andere x. morgen speisen wir beym Mr: Novere2. h: Backer der flautotraversist empf: sich auch.

Fußnoten

1 Ein mit Mozarts befreundeter Salzburger Arzt.


2 J.G. Noverre (1727–1810), der Führer einer neuen Ballettrichtung.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 160.
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