122.

[178] München den 30ten Decemb: 1774


Da Du dieses liesest, wird die Nannerl schon fast alles eingepackt haben. und dennoch muß ich euch Nachricht geben, daß sie noch etwas [178] mitbringen soll. Es ist eine Kleinigkeit, und kommt nur darauf an, daß es glatt liegt. nämlich von unsern Pariser-Portrait-Kupfern1 etwa 5 oder 6 Stück. Der h: von Pernat will absolute eins haben, und dann noch ein und anderer guter freund. Du wirst sie in der schublade, wo alle Kupferstiche sind, NB rechter Hand, wie glaube zimmlich oben gleich an der Seite finden. Es kommt nur darauf an, daß sie glat liegen und nicht verbogen werden. Ich vergas auch zu schreiben, daß die Nannerl ein Masquera-kleid mitnehmen könnte: und sollte es auch eine Salzburgerin seyn. mir ist leyd, daß ich nicht eher daran gedacht. Dann hier wird sie nichts als eine Domino bekommen. Doch vielleicht habt ihr es nicht vergessen. Heute waren wir bey Sr Ex: dem Kays: gesandten, der recht freundlich und gnädig mit uns war. Ihr werdet wohl einige Neujahrwünsch-Billets ausgesendet haben. Ihr solltet S: E: graf Sauerau und gräfin von Lodron nicht vergessen haben. An Sr Hochf. gnaden habe ich geschrieben, und das neue Jahr gewunschen. Die Nannerl kommt eben recht zur opera, denn am Mittwoche nachmittag wird sie ankommen, und am Doñerstage wird sie aufgeführt. kommt h: von Mölk auch mit, so sieht er sie auch; kommt er aber später, so sieht er nichts mehr davon bis Ostern: denn alsdann werden die operetten nicht mehr im theater, sondern auf dem Reduttensaal, und zwar nur Intermezzi gegeben; darunter nebenbey viele 100 Masquern spazieren gehen, reden, scherzen, und an vielen spieltischen spielen. folglich wird nichts gescheides mehr aufgeführt. Nun must Du wissen, daß der Maestro Tozi2 der heuer die opera Seria schreibt vorm Jahre um eben diese zeit eine opera Buffa geschrieben, und sich so bemühet solche gut zu schreiben, um die opera Seria,3 die vorm Jahr der Maestro Sales schrieb niederzuschlagen, daß des Sales opera wirklich nicht mehr recht gefallen wollen. Nun eraignet sich der zufall, daß des Wolfgangs opera eben vor der opera des Tozi gemacht wird. und da sie die erste Probe hörten, sagte alles, nun wäre [179] Tozi mit gleicher Münz bezahlt, indem die opera des Wolfg: die opera des Tozi niederschlage. Dergleichen sachen sind mir nicht lieb, ich suche dergleichen reden zu stillen, so viel möglich, protestiere ohne End: allein das ganzeorchester und alle die die Probe gehört sagen daß sie noch keine schönere Musik gehört, wo alle Arien schön sind. aller Orten, wo wir hinkommen, weis man es schon. Basta! Gott wird alles gut machen. Lebts wohl, ich wünsch der Nannerl glück: Reise. wir Kissen euch Beyde, empf: uns allen und bin Dein alter

Mozart.

Fußnoten

1 Hier ist wohl der Stich des Carmontelleschen Bildes gemeint.


2 Antonio Tozzi war damals Kapellmeister am Münchener Hofe. Seine opera seria für 1775 war »Orfeo ed Euridice«.


3 P. Sales »Achille in Sciro«.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 180.
Lizenz:
Kategorien: