125. [an Abbé Bullinger in Salzburg]

[204] Paris ce 3 julliet1 1778


Allerbester freünd!

für sie ganz allein.


Trauern sie mit mir, mein freünd! – Dies war der Trauerigste Tag in meinen leben – dies schreibe ich um 2 uhr nachts – ich muß es ihnen doch sagen, meine Mutter, Meine liebe Mutter ist nicht mehr! – gott hat sie zu sich berufen – er wollte sie haben, das sahe ich klar – mithin habe ich mich in willen gottes gegeben – Er [204] hatte sie mir gegeben, er konnte sie mir auch nehmen. stellen sie sich nur alle meine unruhe, ängsten und sorgen vor die ich diese 14 täge ausgestanden habe – sie starb ohne das sie etwas von sich wuste – löschte aus wie ein licht. sie hat 3 täge vorher gebeichtet, ist Comunicirt worden, und hat die heilige öehlung bekommen – die lezten drei täge aber phantasirte sie beständig, und heüt aber um 5 uhr 21 minuten grif sie in Zügen, verlohr alsogleich darbey alle empfindung und alle sinne – ich druckte ihr die hand, redete sie an – sie sahe mich aber nicht, hörte mich nicht, und empfand nichts – so lag sie bis sie verschied, nemlich in 5 stunden um 10 uhr 21 minuten abends – es war niemand darbey, als ich, ein guter freünd von uns (den mein vatter kennt) hr: Haina2, und die wächterin – die ganze kranckheit kann ich ihnen heüte ohnmöglich schreiben – ich bin der Meynung daß sie hat sterben müssen – gott hat es so haben wollen. ich bitte sie unterdessen um nichts als um das freünd-stück, daß sie meinen armen vatter ganz sachte zu dieser trauerigen nachricht bereiten – ich habe ihm mit der nehmlichen Post geschrieben – aber nur daß sie schwer krank ist – warte dann nur auf eine antwort – damit ich mich darnach richten kann. gott gebe ihm stärcke und muth! – mein freünd! – ich bin nicht izt, sondern schon lange her getröstet! – ich habe aus besonderer gnade gottes alles mit standhaftigkeit und gelassenheit übertragen. wie es so gefährlich wurde, so batt ich gott nur um 2 dinge, nemlich um eine glückliche sterbstunde für meine Mutter, und dann für mich um stärcke und muth – und der gütige gott hat mich erhört, und mir die 2 gnaden im größten maaße verliehen. ich bitte sie also, bester freünd, erhalten sie mir meinen vatter, sprechen sie ihm muth zu daß er es sich nicht gar zu schwer und hart nimmt, wenn er das ärgste erst hören wird. Meine schwester empfehle ich ihnen auch von ganzen herzen – gehen sie doch gleich hinaus zu ihnen, ich bitte sie – sagen sie ihnen noch nichts daß sie tod ist, sondern prepariren sie sie nur so dazu – thun sie was sie wollen, – wenden sie alles an – machen sie nur daß ich ruhig seyn kan – und daß ich nicht etwa ein anderes unglück [205] noch zu erwarten habe. – Erhalten sie mir meinen lieben vatter, und meine liebe schwester. geben sie mir gleich antwort ich bitte sie. – Adieu, ich bin dero

gehorsamster danckbarster Diener

wolfgang Amadè Mozart.


aus fürsorg.

Rue du gros chenet

vis à vis celle du croißant

à l'hôtel des quatre fils aimont.

Fußnoten

1 Richtiger 4. Juli.


2 Ein Musiker.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 206.
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