IV. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger.

Die hier folgenden Briefe beginnen mit Februar oder März 1815 und endigen mit denselben Monaten 1817, erstrecken sich also über eine Periode von zwei Jahren. Sie beziehen sich größtenteils auf den Druck und die Herausgabe der Werke, welche Steiner im Anfange d. J. 1815 gekauft hatte, oder auf Verhandlungen über den Preis derselben. Es ist unmöglich, dieselben in chronologische Folge zu bringen; wir haben sie jedoch so geordnet, daß dies völlig unnötig erscheint. Wir könnten eine noch größere Zahl geben; allein die Auswahl ist vielleicht schon zu zahlreich. Und doch bedauert man, irgend etwas unterdrücken zu müssen, was zur Lebendigkeit unserer Vorstellung von Beethoven in diesen ersten Jahren seiner pekuniären Unabhängigkeit beiträgt.

Eine Aufzeichnung, welche Jahn von einem »großen Bogen mit Bleistift geschrieben« kopierte, gewährt uns eine Vorstellung von den Preisen, welche Beethoven in jenen Jahren für seine kleineren Werke verlangte. Es finden sich darunter ein paar unbekannte Lieder, aber die »Romanze für Violin« ist wahrscheinlich der im Auktions-Katalog No. 182 aufgeführte »Satz eines unbekannten Violin-Concerts«1.

Dies Schriftstück enthält folgendes:


Gesänge.


Für jeden fürs Klavier allein 12 ⌗

Hast du nicht Liebe zugemessen und darauf wüßt ichC moll dur Schwinge dich in meinen Dom

Meine Lebenszeit verstreicht G moll

E dur Ich der mit flatterndem Sinn bisher

Odorata .... O Nice

[619] Duetto Ne giorni tuoi felici m. gantzen Orchester inE dur

Elegie zu 4 Singst.

Germania

Prüfung des Küssens 16 ⌗

Mit Mädchen sich vertragen 16 ⌗

Marsch Tarpeia für ganz große Orchester 12 ⌗

Romanze für Violin Solo 15 ⌗

Chor der Derwische aus den Ruinen von Athen noch nicht das Honorar

bestimmt

Regimentsmärsche

Terzett für 2 Oboi u. Englisch Horn

Bagatellen

für die neuen Variationen 30 ⌗

Für eine neue Solo Sonate 40 ⌗

– – – Quartett 50 ⌗ in 20 Guldenfuß

Bei Chloe war ich ganz allein von Gleim2.


Daß mehrere dieser Stücke von Steiner nicht gekauft worden sind, ist durch ihre Aufzeichnung in dem Auktions-Kataloge nach des Komponisten Tode bekannt. –

Die Korrespondenz, welche wir größtenteils aus Jahns Abschriften geben, erfordert einige wenige erklärende Bemerkungen, welche wohl zweckmäßig hier zusammengestellt werden.

Der »Diabolus« in No. 1 und anderen Briefen ist Anton Diabelli, wie bereits im Texte (S. 500) gesagt wurde.

Die Aufführung des Fidelio in seiner ersten Gestalt durch Joseph Secondas Truppe in Leipzig während des Winters 1814/15 veranlaßte Prof. A. Wendt zu seinem bewunderungswürdigen Artikel über Beethovens Musik überhaupt und die beiden Gestalten des Fidelio insbesondere, gedruckt in der Allg. Mus. Ztg. vom 24. Mai 1815 und den fünf folgenden Nummern. Dies ist das »rochlitzsche Geschriebene über das B–sche Geschriebene« in No. 3.

Die »redlichen Kerls« und »geharnischten Männer« der »Leibwache« in No. 5 und anderen Briefen sind einfach ⌗, Dukaten.

In No. 8 hat Beethoven »Quartetten« statt »Quintetten« geschrieben. Die Fidelio-Quartette erschienen etwa 10 Monate vor seines Bruders Tode, die Quintette etwa drei Monate nach demselben.

Der Herr, welcher den in No. 26 erwähnten Brief »über die Verdeutschung des piano forte« schrieb, war Wilhelm Hebenstreit (geb. [620] zu Eisleben 1774), welcher 1811 nach Wien kam, vom Juni 1816 bis zum April 1818 Herausgeber der Wiener Zeitschrift war und mehrere Jahre hindurch häufige und wertvolle Beiträge zu diesem und anderen Journalen lieferte. Einige Artikel über die Einführung und den Gebrauch deutscher musikalischer Ausdrücke statt der italienischen waren 1815 in der Allg. Mus. Ztg. erschienen und interessierten Beethoven so sehr, daß er beschloß, wenigstens einen Anfang damit zu machen und ein Beispiel aufzustellen. In Bäuerles Theaterzeitung von 1858 lesen wir: »(Carl) Holz war es, der, als Beethoven die berühmte Sonate Op. 101 für das Hammerclavier geschrieben, mit demselben die Zusammenstellung der deutschen Kunstausdrücke fertigte« usw. Auf diesen Unsinn genügt es zu bemerken, daß Holz damals ein Knabe von 16 Jahren war und vor dem Jahre 1824 überhaupt nicht bei Beethoven eingeführt wurde.

Die Anspielung in No. 30 bezieht sich auf einen Artikel in Kannes Wiener Musik-Zeitung vom 9. Januar 1817, worin die Worte vorkommen: »Beethovens schwer zu exequirende Sinfonie aus A dur.« (Vgl. auch No. 6.) Der Titel derselben wurde in der Nummer vom 24. Januar so angegeben: »Siebente große Sinfonie in A dur von Ludwig van Beethoven (92t– Werk), vollständige Partitur, dem hochgeborenen Herrn Moritz Reichsgrafen von Fries zugeeignet«.

No. 33 aus den »Studien« ist hier nach Jahns Abschrift berichtigt, welche lange nach dem Erscheinen von Seyfrieds Buche nach dem Original gemacht wurde.


1.

»Der G–t ist gebethen seinen Diabolum zu schicken, damit ich selbem meine Meinung in Hinsicht der ins wahrhafte Türkische übersetzten Schlacht eröffne. – Es muß viel geändert werden.


Der G–s.«


2. (1815, 30. Oktober.)3

»Lieber Steiner! Es ist eine polnische Gräfin hier, welche so sehr für meine Compositionen eingenommen ist wie sie es nicht verdienen; sie wünschte daß sie den Clavierauszug der Sinfonie in D so ganz nach meinem Sinne spiele und da sie sich nur heute u. morgen hier aufhält, so möchte ich diesen bei mir spielen, ich bitte sie daher recht sehr mir selben, wenn es auch desDiabolus Diabelli schrift ist, auf heute oder morgen nur einige Stunden zu leihen; ich gebe Ihnen mein Ehrenwort daß kein Gebrauch davon zu ihrem Nachtheil gemacht werde.


Ihr

ergebenster

L. v. Beethoven.«


3. H. Tobias P. Haßlinger[621] 4 (Juni 1815.)

»Sehr bester!


Seid von der Gütte, schickt mir also das rochlitzische geschriebene über das B–sche geschriebene. Wir senden euch solches alsogleich zurück mit der fliegenden fahrenden reitenden oder gehenden Post.


Der gnädigste

Beethoven.«


4. (An Steiner.)

»Wohlgeborenster, erstaun- u. verwunderungswürdigster G–t.


Wir bitten Sie uns nach dem gestrigen Preiszettel 2411 in Gold, in Bz umzusetzen; und dieses unß diesen Abend oder Morgen Abends zu schicken, wo wir sogleich die 24 ⌗ aushändigen und einhändigen werden. Es würde mir sehr lieb und angenehm sein, wenn ihr verdienstvoller Adjutant mir überbrächte, da ich sehr nothwendig mit ihm zu sprechen habe er soll allen Groll wie ein Christ vergessen, wir erkennen seine Verdienste und verkennen nicht das was er nicht verdient. Kurz und rundum, wir wünschen selben zu sehen. Heut Abends wäre es uns am liebsten.

Wir sind erstaunlicher G–t dero zugethanster


G–s.«


5. (An Steiner.)

»In der Hoffnung den G–ll–t ganz entsühnt sehen zu können, erwarten wir ihn alsdann wie sonst mit offenen Armen, und schicken hier einen Theil unserer Leibwache 25 der redlichsten Kerls, und im Kriegshandwerk die wichtigsten Stützen des Staates. Verbleiben und verhoffen unsern G–ll–t bald ganz mit heitern Augen anzublicken. Man hat den Adjutanten beim lin ken Ohrläppchen etwas stark anzuziehen.


Der G–s.«


6. (An Steiner.)

»Ich sende hiemit meinem besten G–ll–t den verbesserten Clav. Auszug, die Verbesserungen des Czerny sind anzunehmen; übrigens hat der Gllt. wieder neuerdings die vielen Verbrechen im Clav. Ausz. des Adjutanten anzusehen; diesem gemäß ist heute am andern Ohr des Adjt. dieselbe Execution wie gestern vorzunehmen sollte derselbe auch ganz unschuldig befunden werden, so soll doch die Execution statt haben, damit demselben Furcht und Schrecken überhaupt vor allen künftigen Verbrechen eingejagt werde. Es ist unterdessen von der gestrigen und heutigen Execution Bericht zu erstatten. Ich umarme meinen besten Gllt. indem ich den Clav. Auszug der schwer zu exequirenden Sinfonie in F schicke.


Dero

etc. etc. etc


[622]

7. (An Steiner.)

»Verehrtester G–ll–t.


Ich brauche noch ihren letzten Rath wegen dem Vergleich, wovon ich ihnen gesprochen, kann unterdessen heute nicht ausgehen, und die Sache wünscht man doch beendigt zu haben, wär es nicht möglich, daß mein geschätzter Primus des Generalstabs mich noch heute heimsuchte, damit ich mich mit ihm besprechen könne, oder Morgen früh; ich bitte recht sehr, ich werde dafür so pst der G–ll–t in Noth ist, eine Not' machen. Die Unterredung müßte jedoch ein halbes Stündchen dauern. Des Adjut. schändliche Aufführung ist in die Register eingetragen (jedoch nicht in die Orgel-Register) welch schlechter Ton würde alsdann heraushallen?


4. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger

O – – – –«


8.

»Lieber Steiner!5


Ich brauche die Partitur der Oper Fidelio auf einige Täge um einen Quartetten-Auszug darnach zu revidiren, da ich sie Ihnen alsdann sogleich wieder einhändige –

Auch bitte ich Sie um die Partitur des Trios fürs Klavier nebst den zwei ausgeschriebenen Stimmen von Violin u. Violonschell und die Partitur von der Violin Sonate in G dur – Ich brauche beyde Werke nur aufeinen Abend und kann sie ihnen sogleich des andern Morgens früh wieder übermachen –

Zweiflen Sie nie an meiner Aufrichtigkeit und Redlichkeit auf diese Weise werden wir uns hoffentlich, obschon mein armer unglücklicher Bruder nicht mehr lebt, nie von einander entfernen. –


Ihr Freund

Beethoven.«


9. (An Haslinger.)

»Sr. Wohlgeboren! der Herr Adjutant sind erwartet mit 3 Exemplären von der Schlacht, u. zw. eins für'n.... (ordinär) 2 für illustrissime schicken niit Kupfer jedoch nicht von Kupfer. Hiermit werden sie erstens gut empfangen, und wieder mit beehrenden Aufträgen an den G–t entlassen werden.


Der

G–s.«


10. (An Steiner & Co., Empfangsvermerk 27. Juni 1816.)

»Wenn nicht morgen abends zwischen 6–7 Uhr das Exemplar, welches ich dem Adjutanten des Tobias Hasslinger corrigirt übergeben, von der Sonate sammt einem andern, worin keine Fehler mehr sind (so daß man [623] sieht, daß die Fehler in den Kupferplatten verbessert sind) so zu sagen das korrigirte (von mir) und das Fehlerfreie in meinen Händen sind, so beschließen wir was folgt: der G. l. wird einstweil suspensirt. Sein Adjutant T. H. kreuzweis geschlossen. Unser General Profos Diabolus Diabelli wird mit Vollziehung dessen beauftragt werden.

Nur die Pünktliche Befolgung unseres oben angegebenen Befehls kann von der schon verdienten und anerkannten, ›Strafe‹ retten.


Der G–s

in Donner u. Blitz.«


11. (An Steiner & Co.)

»Hier mein lieber St. sende ich Ihnen die Stimmen der Sinfonie in A, ich war der erste, der Diabelli es antrug, daß sie aus diesen die Sinfonie stechen sollten, folglich kann diese Sprache, die sie deswegen gegen mich führen, auf keinerlei weise Statt finden. ich ersuche sie noch einmal um die Oper, damit ich dem Artaria ihren Quartetten-Auszug davon corrigiren kann, sie werden wohl keinen Neid hierüber äußern wollen, und desswegen sie zurückhalten, das machte Ihnen wenig Ehre, immer war ich bereit ihnen gefällig zu sein, allein Misstrauen läßt mein Charakter nicht zu, unser Contract lautete: Daß ich alle Werke die sie besitzen, auch nach England geben kann, und ich kann ihnen beweisen, daß ich hierin noch lange nicht meinen Vortheil benützt habe, und daß – wenn ich gänzlich Herr meiner Werke geblieben wäre, die Engländer mir sie ganz anders bezahlt hätten, als sie, doch habe ich und halte ich ohnerachtet dessen treu, was im Contrakt bestimmt ist. Und nun kündige ich ihnen an, daß in einigen Tagen schweres Kriegsgericht gehalten werden wird, wonach das ganze Regiment vom G. L. an gänzlich aufgelöst werden wird und Ebenso aller seiner künftigen Ehren, Vortheile etc. verlustig erklärt wird.


Zum letztenmale der G–s.«


12.

»Das G–ll–t–Amt hat mir alle Stimmen heut zurückkommen zu machen; der Ueberbringer dieses wird selbe diesen Abend abholen, wo ich sodann übermorgen alle Stimmen sammt Partitur überschicken werde und sodann die Correktur geendigt ist – Für die Zukunft verbitte ich mir alles Geklebe in meinen Werken, weil ich sonst nicht die in der M. Z. besprochene Langmuth sondern meinen gerechten Unmuth über Eselsohren aussprechen werde6.


Dero

B.«


13. (An Steiner & Co.)

[624] »Ich schicke die geschriebene Partitur erst mit, angesehen habe ich sie nicht, vermuthlich ist sie nicht ohne Fehler. Meine Meinung ist: Wenn noch Auszüge zu machen sind, man gleich nach der jetzigen Correktur, die mir vollendet wieder zuzustellen, dazu die alsdann folgenden Abdrucke wodurch die Auszüge auch vollendet werden, ich bitte mir anzuzeigen, wo man reinen grauen Streusand erhält, der meinige ist aus, und meine Asini um mich her können keinen d. g. aus treiben.


Ihro

L. v. Beethoven.«


4. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger

14.

»An Haslinger!


Hier überschicke ich die Correkturstimmen sie werden leicht das zusammenfinden was zusammen gehört und ich empfehle nochmals die strengste Gewissenhaftigkeit in allem was hierüber abgeredet worden. Die Strafgefälle für den Adjutanten zu entrichten an den G–s bestehend in gestern angezeigten Werken noch heute erwartet.


Der

G–s.«


15.7

»Der Generallieutenant


erhält hier das Versprochene für Gesang und Klavier. Es kann aber nicht anders als um 50 ⌗ in Gold verabfolgt werden, welche der G–t sogleich an die Kriegskasse des G–s zu liefern hat, obschon die Kriegskasse dem G–t noch für eine Summe von 1300 fl. verschuldet ist, so muß sie doch darauf bestehen, daß die 50 ⌗ ohne Abzug sogleich erlegt werden – was obgedachte schuldige Summe anbelangt, so wird man nächstens darauf bedacht seyn, den G–t deswegen zu befriedigen, u. ihm wegen seiner Verdienste um den Staat noch manche andere Beneficia zufließen lassen – der Diabolus in der Person des Groß Profos bringt dies schreiben mit dem herzlichsten Gruß des G–s. –


Für den Generallieutenant

Steinender.«


[625]

16. (An Steiner & Co.)

»Hier übersende ein kleines Feldstück, welches sogleich ins Zeughaus abzuführen als Geschenk. was den Herrn Diabolum anlangt, so ist dieser wegen seiner übrigen Geschicklichkeit beizubehalten; was irgendwo anders sein soll, kann wie das vorige Mal, mit der Sinfonie in F geschehen; was eine neue Sonate für Piano betrifft, so haben sich mir 60 wohlgeharnischte Männer zu präsentiren, und dieselben können sogleich erscheinen, ich habe auch Variationen8 im Sinne, welche auf einen besonderen Festtag paßten und dann sogleich auch da sein könnten, bei erscheinen nur 40 wohlgeharnischte Männer9 – denn was die Staatsschuld von 1309 fl. betrifft, so kann selbe noch nicht zur Betracht bezogen werden, ohnehin würden sich die 1300 fl. am besten in folgender Gestalt 6000 ausnehmen.

Ich bin erstaunlich hochachtungsvoll gegen den G–ll–t.


L. v. Beethoven.«


17. (An Steiner & Co.)

»Das G–ll–t-Amt ist befügt, mir sogleich 100 fl. W. W. zu schicken mit dem überbringer dieses werden sodann gleich die Stempelbögen kaufen u. die Quittungen einhändigen. Was unsere Bergwerke betrifft, so kann diesmalen nichts verabfolgt werden; doch sollte das G–ll–ts-Amt die seinigen eröffnen wollen, so kann dieses blos vermittelst Supplicandum geschehen, indem keine Offerte mehr geleistet werden.


Der G–s.«


18.

»Der G–lt wird ersucht diese 100 fl. C. M. in Papier heute umzusetzen u. zw. ohne Debit, wie es sich für einen solchen beharschten(?)10 seines Ranges gewiß schickt.

Zugleich wird derselbe wegen der neuen 4000 fl. in 20gern, welche dem Schatz zufließen sollen, aufgefordert, sowohl vor – als nach – auch hinter zu denken, und uns das Resultat davon mitzutheilen; für dieses neue Verdienst wird demselben der höchste Rang zugestanden.

Mit der unbeschreiblichen Schreiblichkeit


unterzeichne ich mich als

G–s.«


19. (An Steiner & Co.)

»Wir ersuchen unser heutiges Ansuchen nicht zu vergessen, indem wir nicht ausgehen können, und das Geld für Morgen früh brauchen – was [626] den Adjut. betrift, ist selbiger sogleich in carcere bringen zu lassen, und demselben anzudeuten, sich zum morgigen Gerichtstag nachmittags halb 4 uhr zu bereiten, große Staatsverbrechen werden demselben zur Last gelegt, unter anderm sogar hat er die ihm auferlegte Verschwiegenheit wichtiger Staatsangelegenheiten nicht beachtet.

Gegeben ohne etwas zu geben am etc. etc.


4. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger

20. (An Steiner & Co.)

»Baden, am 6. September 1816.


Beiliegender offener Brief ist an den Hrn. Dr. Kanka in Prag, wovon jedoch von allem Inhalt und besonders von Br. P.11 das größte Stillschweigen geboten wird (eine gute Uebung für Personen eines so erhabenen 4. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger Ranges) – wird dem Generalstab empfohlen sogleich mit morgiger Post die schon in Wien lie gende Quittung beim Hrn. G–l–l–t wird hinzugefügt und um beides ein Umschlag gemacht. Wie siehts aus mit dem Trio?12 ich bitte mirs bald zu besorgen, da ich eine weile hier bleibe, so bitte ich mir es nur anzuzeigen sobald es bereit um dem Ertzherzog von Wien aus zu schicken. Ist Bon Pasqualatti schon fort nach Mailand? es wird um eine responsio gebeten. Man erwartet baldige Nachrichten vom Genstab. Man empfiehlt sich u. läßt sich wieder empfehlen.«


21. (An Tob. Haslinger.)

»H. Adjutant sowohl schuldig als unschuldig ist ersucht die Correcturen der Sinfonie in F und der Sonate in A ⌗ indem ich eben jetzt zu Hause bleibe und die Sache eher befördern kann, besonders giebt es Menschen die mich wegen der schwer zu exequirenden Sonate plagen, wer kann für solche schwer zu exequirende


4. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger

Man wünscht den sowohl groben als höflichen Adjutanten Besserung um endlich vorrücken zu können.


L. v. Beth.«


22. (An Steiner.)

»Noch einige Fehler – des Q – sind zu verbessern dann folgt das Verzeichniß der Fehler in der Partitur den Stimmen u. Quartettstimmen. Man schläft – ich werde schon zur Beförderung in Donner und Blitz erscheinen müssen.


G-s.«


23. (An Steiner, um Dezember 1816.)

[627] »Es war ausgemacht, daß in allen fertigen Exemplaren des Quartetts13 etc. die Fehler sollten corrigirt werden; dessen ungeachtet besitzt der Adjutant die Unverschämtheit selbes uncorrigirt zu verkaufen. Dieses werde ich noch heute zu ahnden und zu bestrafen wissen. Mit den Verzeichnissen wird – wie ich merke nur Spott getrieben, allein ich werde auch hier wissen was mir meine Ehre gebiethet, und gewiß nicht nachgeben. Für diesen Augenblick schicke man mir das Lied ›A Schüsserl und a Reinderl‹ ich brauche es. Zu wissen ist: daß – wenn ich nicht zwischen heute und Morgen von wärmerem Diensteifer des Adjutanten überzeugt werde, demselben eine zweite schimpfliche Absetzung droht, obschon man denselben bekannter Großmuth getreu lieber befördert hätte.

Das Lied ›ein Schüsserl und a Reindl‹ wird sich einzeln oder mit Variationen im Catalog finden.


G–s.«


24. (An Steiner & Ko.)

»Die Geschichte mit dieser Sinfonie ist mir sehr verdrießlich, da haben wir nun das weder die gestochenen Stimmen, noch die Partitur sind fehlerfrei; in die schon fertigen Exemplare müssen die Fehler mit Tusch verbessert werden, wozu Schlemmer zu brauchen, übrigens daß ein Verzeichniß aller Fehler ohne Ausnahme zu drucken und zu verschicken, der roheste Copist hätte gerade die Partitur so geschrieben, wie sie jetzt gestochen, ein d. g. Fehlervolles, mangelhaftes Werk, das noch nicht auf diese Weise von uns in Stich erschienen – das sind die Folgen von dem nicht corrigiren wollen, u. von dem mir es nicht früher zur Uebersicht gegeben haben, oder mich daran zu mahnen. Dieselbigen Exemplare, welche ich jetzt hier überschicke sind uns mit dem danach verbesserten baldmöglichst zuzustellen, damit ich die Richtigkeit oder Unrichtigkeit einsehe. So bestraft sich der Eigensinn selbst, und Unschuldige müssen mit darunter leiden. Ich mag nichts mehr für mich von dieser verstümmelten geradbrechten Sinfonie wissen – Pfui Teufel!

So ist euch wirklich der Grundsatz zuzuschreiben, daß Ihr das Publikum achtungslos behandelt und dem Autor gewissenlos seinen Ruhm schmälert!

Da ich krank war, und noch bin, und das Verlangen des Publikums nach diesem Werke etc. das sind Entschuldigungen die Ihr anführen könnt, beim Ver kündigen des Verzeichnisses der Fehler.

Behüt euch Gott – hol euch der Teufel.«


25. (An Steiner & Co.)

»Ich bitte vor allem, daß das Verzeichniß der Fehler gemacht werde, sowohl der einzelnen Stimmen als der Partitur, ich werde es dann mit den einzelnen Stimmen und der Partitur vergleichen, dieses muß dann eiligst in alle Weltgegenden gesendet werden. Es ist traurig daß es so sein muß, allein [628] es ist nun nicht anders; auch sind dergleichen Fälle in der litterarischen Welt schon oft da gewesen.

Nur weiter keinen Eigen- und Starr-Sinn, sonst wird das Uebel immer ärger.

Die Wechsel von meinem Capitale von 100000 x gern brauchte ich nur auf einige Täge, jedoch nicht aus Mißtrauen!!! Sonnabends bedürfte ich wohl wieder 100 fl. C. G. umzuwechseln. So sind überall Uebel auf Uebel, der Herr verlasse mich nicht.


Euer

B.«


2614.

»Bester Hr. Adjutant.


ich habe nichts von dem röthlichen Unteroffizier gesehen, wahrscheinlich wird er nicht bei dem Kassier Dam gewartet haben, indem er mir von demselben eine Schrift hätte zurückbringen müssen, ich bitte also noch einmal ihn zu dem Kassier deswegen zu schicken, indem ich dort Geld zu empfangen habe, der röthliche hat also vom Hr. K. Dam sogleich zu mir zu kommen, es thut mir leid dem General Le–t Amt lästig werden zu müssen, ich kann meine Leute zu so was nicht gebrauchen. – ich bitte also den röthlichen zu H, Kassier Dam und von da zu mir zu schicken. Den Brief von Hebenstreit über die Verdeutschung despiano forte bitte ich nicht zu zeigen sondern mir ihn zurückzuschicken, ich bin schon gewohnt, da ich weder ein gelehrter noch ungelehrter bin, mich seines Rathes zu bedienen. –

Leben's sein wohl.


H–r H

2–ten l–nk–lchen

[Lumpenkerlchen]«


4. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger

27. (An Steiner & Co. Ende 1816.)

»Ich bitte noch heute mir ein Exemplar von der Partitur der Sinfonie in A, jedoch schön zu senden, indem ich dem Grafen Fries, wie gebräuchlich 2 senden muß; wenn es möglich nicht später als 3 Uhr.


B.«


28. (An Steiner & Co.)

»Wenn Ihr mir doch auf einige Tage die Dichter: Klopstock – Gleim – jedoch nach guten neuesten Original-Ausgaben verschaffen könntet?!!! so würdet – wollte ich sagen so werdet, wollte ich sagen, so sollt ihr mir selbe gefälligst auf einige Tage borgen.


NB. Tobiaserl rupft

dir einige Federn aus.


L. v. B.«


29.

»– – In Betreff des Titels ist ein Sprachkundiger zu befragen: ob Hammer o. Hämmer Clavier, oder Hammer-Flügel zu setzen? Derselbe Titel ist mir auch vorzuweisen.


L. v. B.«


30. (An Steiner.)

[629] »Bester H. G–ll–t!


Das Poenale ist hiermit geschlossen und zwar zu unsrer Zufriedenheit, welches unserm lieben getreuen G–ll–t zur angenemen Wissenschaft dient. – Wegen dem Titel der neuen Sonate braucht's gar nichts anders, als den Titel, welchen die Sinfonie in A in der Wiener M. Z. erhalten, überzutragen. Die schwer zu exequirende Sonate in A, mein bester G–ll–t wird zwar stuzen u. meinen, schwer sei ein relativer Begriff, was dem einen schwer, sei dem andern leicht, mithin sei gar nichts gesagt, allein der G–ll–t muß wissen, daß mit dem alles gesagt ist, denn was schwer ist, ist auch schön, gut, groß, etc: jeder Mensch sieht also ein, daß dieses das fetteste Lob ist, was man geben kann, denn das schwere macht schwitzen. – Da der Adjutant hierbei neulich seine verrätherischen und aufrührerischen Gesinnungen durch Reden wiederge zeigt, so ist solcher sogleich heute beim rechten Ohr derb anzufassen und zu zupfen, die weitere Execution behalten wir uns vor um selbe in unserer u. unsers besten G–ll–t Gegenwart vollziehen zu lassen. – Wir wünschen unserm lieben G–ll–t alles ersprießliche und besonders einen bessern Adjudanten.


Beethoven.«


31.15

»An den Wohlgebornen G–ll–t von Steiner zu eigenen Händen. Publicandum.


Wir haben nach eigener Prüfung und nach Anhörung unsers Conseils beschlossen und beschließen, daß hinführo auf allen unsern Werken, wozu der Titel deutsch, statt Pianoforte Hammerclavier gesetzt werde, wornach sich unser bester G–ll–t sammt Adjutanten wie alle Andern, die es betrifft, sogleich zu richten, und solches ins Werk zu bringen haben.


Statt Pianoforte Hammerclavier, –


womit es sein Abkommen einmahl für allemahl hiermit hat. Gegeben etc. etc.


vom

G–s

– – m. p.«

Am 23. Jänner 1817.


32.

»Der Zufall macht, daß ich auf folgende Dedication gerathen:

Sonate für das Pianoforte

oder – – Hammerclavier

verfaßt und

Der Frau Baronin Dorothea Ertmann

geborne Graumann

gewidmet von

Ludwig van Beethoven


bey der neuen Sonate; sollte der Titel schon fertig seyn, so habe ich folgende 2 Vorschläge, nähmlich entweder ich bezahle den neuen Titel, d.h. auf meine Unkosten oder man hebt ihn auf für eine andere neue Sonate von mir, wozu [630] sich nur die Bergwerke des G–ll–ts, insonderlich pleno titulo G–ll–t und ersten Staatsrathes zu öffnen haben, um selbe ans Tageslicht der Welt zu bringen. – –

Der Titel ist zuvor einem Sprachverständigen zu zeigen. Hammerclavier ist sicher deutsch, ohnehin ist die Erfindung auch deutsch; gebt Ehre dem Ehre gebührt. – Wie ist es denn, mir fehlen die Berichte von den ohne Zweifel erfolgten Executionen? –


wie immer Dero bester

amicus

ad amicum

de amico

tremolo


wegen der Dedication

bitte ich das größte

Stillschweigen zu be-

obachten, da ich eine

Ueberraschung damit

machen will. –


4. Die Korrespondenz mit Steiner und Haslinger

33. (An Haslinger.)

»Des Adjutanten Unschuldigkeit und nichts weiter! Wir bitten gefälligst, uns 2 Partitur Exemplare zu senden von der Sinfonie in F, außerdem wünschen wir zu wissen, wann wir 1 Exemplar von der Sonate für dir Baronin v. Ertmann haben könnten? denn sie geht vielleicht schon längstens übermorgen von hier – No. 3 nämlich beigefügter Zettel ist von einem Musikfreund aus Schlesien, jedoch eben nicht reich, dem ich ebenfalls schon habe Partituren von mir schreiben lassen, er wünscht diese 2 Werke von Mozart in seiner Bibliothek zu haben; da aber mein Bedienter das Glück von Gott hat, einer der ersten Esel des Kaiserstaats (welches viel gesagt ist) zu sein, so kann ich ihn hiezu schon nicht brauchen; seid also so gut und schickt zu Herrn Traeg (mit einem Kleinkrämer kann sich der G–s ebenfalls nicht einlassen) und laßt euch aufschreiben wie viel jedes kostet? und schickt mir dieses sammt meinen 2 Partituren in F, und Antwort auf meine Frage wegen der Ertmann noch heute baldigst (presto prestissimo) zu; wohlgemerkt im Sturmmarsch am Ende. Uebrigens wird die beste Aufführung empfohlen, damit meiner Gesundheit weiter kein Hinderniß gelegt werde.


L. v. Bthn. m. p.

Der beste G–s für die Guten

– Teufel selbst – – Bösen.«


34. (An Steiner & Co.)

»Wertheste Verlegen-heiten!!!


Ich ersuche höflichst die Lieder in eine Art von Catalog bringen zu lassen, wo von jedem nur 3 Takte (die ersten) aufgezogen sind, jedoch prestissimo, [631] wo ich die Widmung sogleich bestimmen werde. – man siehts, daß ein englischer Verleger, eine ebenso verlegene Waare wie ein Deutscher, ist, sonst wäre so was nicht nöthig, die dazu gehörigen Papiere habe ich bei mir behalten, da sie doch noch später werden mitfolgen müssen.

Ich bin hochachtend erstaunend hochachtungsvoll


dero

L. v. B.«


Die »12 englischen Lieder« scheinen von Steiner & Co. niemals herausgegeben worden zu sein.

Fußnoten

1 Nach Andeutungen in der Steinerschen und Streicherschen Korrespondenz gehört dieses Schriftstück in das Ende des J. 1816.


2 Nicht zu verwechseln mit dem Liede von C. F. Weiße, welches Beethoven 1822 komponierte.


3 Vermerk von Steiner.


4 Aus der Landsbergschen Sammlung in der Berliner Kgl. Bibliothek.


5 Im Besitze von Herrn George Grove in London.


6 In den »Miscellen« der A. M. Z. vom 11. Oktober 1815 findet sich eine kurze, enthusiastische Lobpreisung der Pastoralsymphonie von »K. B.«, und eine Adresse »an Sie« (die Musik) von »Gumlich«, worin die Worte Heldenmut, Sanftmut, Schwermut vorkommen.


7 Zuerst veröffentlicht durch Kalischer in der Musik 1906 S. 363.


8 »Veränderungen mit einer Einleitung und Anhang von L. v. Beethoven« (Op. 121a). Das Autograph im Besitze von Jähns in Berlin.


9 So in Jahns Abschrift. Der Sinn scheint zu sein: »beim Erscheinen von« usw.


10 Dies Fragezeichen ist von Jahn dem Worte beigefügt. Der Ausdruck ist wohl kaum rätselhaft (»beharnischt« s. v. w. reich mit ⌗ versehen).


11 Vermutlich Baron Pasqualati.


12 Op. 97.


13 Op. 95.


14 Im Besitze von Jähns in Berlin.


15 In Seyfrieds Studien.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 3, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1911..
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