16. An Therese Schumann.

[349] Leipzig, am letzten des Jahres 1836.


Wie habe ich denn Deine viele Liebe verdient, meine Therese. Wie ein Kind bin ich um den Christbaum gesprungen, als ich mir eines nach dem andern vorholte. – Und nun die Haarkette! Wie gut Du bist und wie nachlässig ich; glaubst Du, ich kam mir in diesen Tagen ordentlich wie nicht rein genug vor, Dir zu schreiben und zu danken. Den ganzen Tag war ich so an den Arbeitstisch gebannt und mußte hunderterlei abthun, darunter recht Prosaisches. Endlich nahm ich mir fest vor, zu schreiben, daß Dich mein Gruß gerade am ersten trifft. Sei er denn einer für Dich und klinge er Dir wie von einem Bruder und Geliebten. Was das Jahr bringen wird. Oft wird mir's wohl bange. Auf der Höhe der Zeit und der Erscheinungen zu stehen, fortzuhelfen, zu bekämpfen, selbstständig zu bleiben – Aller inneren und geheimeren Verhältnisse nicht gedacht, da schwindelt mir's oft. Indeß geschieht mir wieder so viel Liebes von den Menschen, daß ich's gar nicht wieder vergelten zu können glaube. So auch von Dir. Ach, bleibe mir gut! In einer tödtlichen Herzensangst, die mich manchmal befällt, hab' ich Niemanden, als Dich, die mich ordentlich wie im Arm zu halten und zu schützen scheint. Lebe wohl!


Dein

Robert.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 349.
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