3. An Töpken in Bremen.

[329] Leipzig, am 18. August 34.


Sie haben noch nicht erfahren, guter Theodor Töpken, wie es einem zu Muthe ist, wenn man den Wirth von 14 zu 14 Tagen um Nachsicht bittet und dann doch wieder mit der Bitte um Prolongation vorrückt – denn Sie waren stets bei Casse. Durch eine langwierige Krankheit unseres Secretärs sind mir alle Geschäfte auf den Hats geworfen worden, so daß ich heute wieder wenig von meiner Schuld abtragen kann und dies wenige schlecht, da mir der Kopf noch von einer Correctur brummt. Noch dazu habe ich die Feder schon dreimal geschnitten, ohne etwas zu erreichen – nun thu ich's zum vierten und letztenmal. Geht's dann nicht, so erhalten Sie auch heute keinen Brief. Ich hoffe aber, sie geräth. – – – – – –

Für's erste großen Dank für Ihre Arbeiten, die Allen ausnehmend gefallen aus tausend Gründen. Das Geheimniß, daß sie am Tage ihrer Abreise von Bremen schon im Blatt gedruckt stehen, ist lustig, aber auch klar genug, da uns leider schon im Anfang der Verleger so lang hat warten lassen, daß wir um 14 Tage zurück sind. Es sind aber gestern in einer feierlichen Conferenz so ernste Maßregeln getroffen worden, daß binnen einem Monat Alles im herrlichsten Jung sein wird. Es wäre auch ungerecht gegen das Publikum, welches das Institut[329] so lebhaft unterstützt, daß es eine Freude für uns sein muß. Prag allein zieht mit 50, Dresden mit 30, Hamburg mit 20 Exemplaren davon. –

Alles, was Jugend, folglich Zukunft hat, wird auf der Welt an- und durchklingen. Es ist fast unerklärlich, wie dieser kritischen Honigpinselei nicht schon längst Einhalt gethan worden ist. Darum schlagen Sie mir recht zu in das Volk, wenn dieses auch wie eine Heerde ist, die einmal aufsieht, wenn es blitzt und dann ruhig weiter grast. Die Heerde richtet sich wenigstens einen Augenblick himmelan.

Darum ist uns auch Ihre projektirte Recension der Hünten'schen Clavierschule, gleicht sie der ersten nicht zu stark, sehr wünschenswerth. Vielleicht könnten Sie sie in eine leichtere, witzige Form bringen. Jedenfalls verbinden Sie uns innig, wenn Sie schicken, was Sie vorräthig haben – ja so viel als möglich; denn was von Ihnen kömmt, kann man blind dem Drucker geben. – Mit der falschen Correctur hat es (ihre, seine) Richtigkeit. Ich war selbst der Streicher; mir gefielen diese unbekannten Namen in so tüchtigem Aufsatz nicht. Auf die Umgegend hab' ich freilich zu wenig Acht gegeben. (Adieu – es schlägt 10 Uhr – ich gehe jetzt einen schönen Gang.) –

Ich bin vom schönen Gang heimgekehrt – und es war gut. – Nun zu Ihrem Brief zurück.

Die 3 bin ich nicht, sondern Schunke – habe sonst aber vielen Antheil an seinen Aufsätzen, da er die Feder tausendmal schlechter führt, als seine Clavierhand. Mit Zahlen unterschreib ich mich selten; ist's aber, so sind die Zweien meine, also 2, 12, 22, 32 u.s.f. – Vater Doles, der bei weitem höher anzuschlagen ist als »Beethoven« in den letzten Nummern, stammt vom tauben Maler Lyser, meinem Freund. – Er giebt noch zwei ähnliche Bilder, Haydn und Händel. – Die Davidsbündler geben nicht oft, aber leidliches: im Augenblick arbeiten sie an größern Skizzen, die sich genau (schon historisch) an einander reihen und auf einander beziehen. – – Die letzte Sinfonie von Beethoven (als Wendepunkt der classischen zur romantischen Periode) – Franz Schubert – Mendelssohn – Chopin – Ich bin aber vorsichtig, fast ängstlich und werde noch ein paar Wochen zurückhalten.

Die von Klein erzählte Geschichte der Entstehung der Hummel'schen Etuden scheint mir nicht glaubwürdig. Sehen Sie die Studien nur an und Sie werden die Meisterhand nirgends verkennen, aber auch die Altersschwäche nicht.[330]

Ihre Rhapsodien kommen in 35 und 36. Fahren Sie fort! Auch durch kleinere Notizen über Musikalisches im übrigen Norden, die man sonst sparsam findet, machen Sie uns dankbar. Wünschen Sie Honorar, so wird es Ihnen nicht vorenthalten: wollen Sie aber großmüthig sein und unsern Verleger, der mannigfache Opfer zum Anfang bringen muß, noch eine Zeit lang schonen, so verpflichten Sie uns doppelt.

Die nächsten Nummern bringen etwas Humoristisches von K. Stein, dann eine größere Skizze der Schröder-Devrient'schen Kunstleistungen, endlich Journalschau, die interessant wird.

Auf Ihr südamerikanisches Musikleben freuen wir uns sehnlichst – da wird Fink fluchen!

Die bestellten Noten werden wohl in Ihren Händen sein. – Haben Sie Gottfried Weber's Recension über mich gelesen?1 Das hat mich einmal erquickt. – In meiner Toccata werden Sie einem alten Freund die Hand drücken; er spricht nun nicht mehr so wild, sondern viel sittiger. Haben Sie vielleicht Lust, über die Toccata, wie etwa über die Intermezzi eine (versteht sich) strenge und alle persönliche Bekanntschaft hintansetzende Kritik zu schreiben und mit Ihrer Namensunterschrift, so soll uns das sehr lieb sein. – Noch mache ich Sie auf Schunke's eben erschienene Sonate (bei Wunder erschienen) aufmerksam.

Die ganze Redaction, die Davidsbündlerschaft grüßt Sie hochachtend. – Wir leben jetzt einen Roman, wie er vielleicht noch in seinem Buche gestanden. – Vergessen Sie mich nicht!

Ihr

Sch.

1

Bezieht sich auf eine kurze allgemeine Besprechung der opera 1, 2, 4 und 5. S. Cäcilia Bd. 16. S. 94 ff.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 329-331.
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