40. An Carl Koßmaly.

[386] Leipzig, den 28. Oktober 1841.


Mein theurer Herr und Freund!


Endlich – nicht wahr? Aber ich stecke so tief in Arbeiten, daß Sie mir verzeihen würden, kämen Sie in meine Arbeitsstube. Die Zeitung nimmt mir viel Zeit – dann die Vollendung mehrerer großer Orchesterstücke. Jetzt seh' ich schon mehr Land – und die ersten Zeilen richte ich wieder an Sie.

Was sollte ich gegen Sie haben? Waren Sie mir doch stets freundlich gesinnt und sind es noch. Könnte ich Ihnen nur den freudigen Künstlermuth geben, Ihnen irgend förderlich seyn! Ich wiederhole, daß Sie, um mit Verlegern Verbindungen anzuknüpfen, auf einige Zeit selbst nach Leipzig kommen müssen. Sodann schreiben Sie größere Stücke, Symphonien, Opern. Sie können es. Mit Kleinem ist schwer durchdringen.[386]

Ihr schönes Lied »Die Weinende« erscheint in dem nächsten (d. 15.) Heft der Beilagen. Möchte ich bald Neues von Ihnen sehen und hören! – Ihre Arbeiten f. d. Zeitschrift werden Sie sämmtlich abgedruckt gefunden haben. Senden Sie nur bald mehr. Ein Concert, das ich Ende nächsten Monats mit meiner Frau hier, geben will, zwei Symphonien, die ich dazu geschrieben etc., nehmen meine ganze Zeit in Anspruch, daß ich nur wenig für die Zeitschrift thun kann. – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Meine erste Symphonie erscheint in diesen Tagen. Dies ist dann immer ein Freudentag für einen Componisten. Ueber die Recension, die Sie in der alten mus. Ztg. gelesen, würden Sie – glaub' ich – losfahren und wettern, wenn Sie die Symphonie gehört hätten. Die Recension ist von einem hier bekannten (übrigens gar nicht dummen) Schmeichler Mendelssohn's den es geärgert hat, daß ich der erste unter den jungen Künstlern, der eine Symphonie geschrieben, die Effect macht. Genug davon; ich schreibe nicht gern, geschweige über längst Geschriebenes. Die Symphonie (die erste) liegt mir schon im Rücken; ich sehe schon andre Ziele wieder.

Die Zeit drängt und der Abend bricht herein.

Gedenken Sie meiner in Liebe.


R. Schumann.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 386-387.
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