41. An Carl Koßmaly.

[387] Leipzig, den 8. Januar 1842.


Beifolgend, mein verehrtester Freund, das Honorar für Ihre Beiträge beim Schluß des vorigen (XV.) Bandes. Wenn möglich, soll bald auch das für »Marschner« folgen. Diesen und Ihren Brief habe ich richtig erhalten. Namentlich die allgemeinen Bemerkungen machen den Aufsatz interessant. Was das Urtheil über Marschner selbst anlangt, so kann ich freilich nicht durchaus beistimmen. Doch das haben Sie mit Ihrem guten Namen vertreten. Im Uebrigen verdient Marschner wohl einmal eine Auszeichnung und ich gönne sie ihm gern. Vielleicht auch, daß er sich zu neuen Werken aufrafft. Nun eine Bitte wiederum: ich verreise nächsten Monat auf zwei – in Folge einer Einladung vom philharmonischen Concert in Hamburg, das meine Symphonie aufführen will und mich dazu sammt Frau natürlich. Von da wollen wir nach Bremen, später vielleicht auch nördlicher. Da ist nun nöthig, soviel[387] Manuscript als möglich zusammenzutreiben – und ich bitte auch Sie, daß Sie mir schicken noch diesen Monat, was Sie irgend haben. Franz Schubert verdient wohl einmal ein bedeutendes Wort: Reizt Sie das nicht? Freilich seine größern Werke sind noch ungedruckt. Doch reichen die Gesang- und Claviersachen hin zu einem annähernden Bild. Denken Sie darüber nach. Kennen Sie seine Symphonie in C? Eine prächtige Composition, etwas lang, aber außerordentlich lebendig, im Charakter ganz neu. Suchen Sie, sie kennen zu lernen.

Daß Sie meine Symphonie aufführen wollen, soll mich freuen. In Partitur ist sie nicht da. Die 1ste Violinstimme enthält indeß den Gang des Ganzen ziemlich in sich. Einige Andeutungen behalte ich mir noch auf später vor. Die beiden Orchesterwerke, eine zweite Symphonie und eine Ouvertüre, Scherzo und Finale, die in unserm letzten Concert aufgeführt worden, haben den großen Beifall nicht gehabt, wie die erste. Es war eigentlich zu viel auf einmal – glaub' ich – und dann fehlte Mendelssohn als Dirigent. Das schadet aber alles nichts – ich weiß die Stücke stehen gegen die 1te keineswegs zurück und werden sich früher oder später in ihrer Weise auch geltend machen. Auf Ihr Hierherkommen im Sommer freue ich mich. Ich bin jedenfalls da. Bringen Sie nur auch neue Compositionen mit. Mendelssohn kommt, wie ich gewiß glaube, nächsten Winter wieder nach Leipzig zurück. Lieber Freund, der ist doch der beste Musiker, den die Welt jetzt hat. Glauben Sie nicht? Ein außerordentlicher Mensch – oder wie Santini in Rom von ihm sagt: ein monstrum sine vitio –

Nun hab' ich genug geschwatzt – und noch Manches heut abzuthun. Darum Addio für heute. Bleiben sie heiter und wohlgemuth und glauben an die Achtung Ihrer Freunde, zu denen Sie auch mich rechnen mögen.

Robert Schumann.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 387-388.
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