39. An Carl Koßmaly.28.

[385] Leipzig, den 9. May 1841.


Werther Herr und Freund!


Sie haben noch Einiges von der Redaction zu fordern, was ich gleich beilege. Ich wünschte mehr thun zu können, als meine Schuldigkeit. Aber Sie wissen, daß ich jetzt einen Dausstand habe, und daß die Verhältnisse andere geworden. Gewiß keine schlimmeren – da Sie so theilnehmend danach fragen. – – – Die Zeit, daß Sie nichts von mir gehört, ist in Glück und Arbeit verflossen.

Ich wünschte, daß Sie meine Symphonie kännten. Wie die mir Freude gemacht bei der Aufführung – und auch Anderen; denn sie ist mit einer Theilnahme aufgenommen worden, wie glaub' ich keine neuere Symphonie seit Beethoven. Ich habe nun schon allerhand andere Orchesterpläne und schon auch Vieles wieder fertig, was ich zum nächsten Winter aufführen lassen will. Die Symphonie erscheint übrigens bis zum Winter und dann haben Sie vielleicht Gelegenheit, sie zu hören und mir ein Wort darüber zu sagen.

In Ihrem Aufsatz über das Lied hatte es mich ein wenig betrübt, daß Sie mich in die zweite Klasse setzten. Ich verlangte nicht nach der ersten; aber auf einen eigenen Platz glaub' ich Anspruch zu haben und am allerwenigsten gern sehe ich mich R..., C.... etc. beigesellt. Ich weiß, daß mein Streben, meine Mittel über die Genannten bei weitem hinausgehen und ich hoffe, Sie selbst sagen Sich das und nennen mich deshalb nicht etwa eitel, was weit von mir abliegt. Offen und aufrichtig schreibe ich das; möchten Sie es so aufnehmen und sonst auch meine Worte nur als zu Ihnen, zu dem ich mich hingezogen fühle, gesprochen betrachten. Es wird schwer halten, Verleger für Ihre Compositionen zu finden, wenn Sie nicht persönlich kommen. Noch eine Frage – sie ist eigentlich noch nicht reif – darum aber auch im strengsten Vertrauen an Sie gerichtet. Hätten Sie Lust, später einmal meine Stelle an der Zeitung einzunehmen – als ordentlicher Redacteur – ich ziehe später in eine größere Stadt und wünschte das von mir gegründete Institut von guten Händen verwaltet. Sinnen Sie darüber nach. An[385] einen längern Aufenthaltsort wie Leipzig knüpft sich eine Menge Vortheilhaftes auch für den Künstler.

Schicken Sie mir vorläufig doch mehr von Ihren Kompositionen. So klar mir Ihr schönes Streben ist, so möchte ich mich einem Verleger gegenüber doch nicht gerade anheischig machen, ob es auch im Publicum Anklang finde. Dazu bestimmt mich der vorwiegende Ernst in Ihren Arbeiten. Vielleicht haben Sie denn mehr Heiteres, Glückliches in Ihrem Com positionsvorrath – Davon möchte ich sehen – oder wenden Sie sich auch ganz zur größeren Orchestermusik und lassen dann aufführen.– das macht Namen und flößt den Verlegern Respect ein. Schicken Sie mir auch bald möglichst für die Zeitung. Sie wissen, wie werth mir Ihre Beiträge sind. – – – – – – – – – – – So leben Sie herzlich wohl und wirken und schaffen, was es hergeben will. Ihre Zukunft scheint mir nicht so düster, als Ihnen.

Theilnahmevoll

Ihr

ergebener

R. Schumann.

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Lebt und wirkt jetzt als Capellmeister in Stettin.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 385-386.
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