57. An Gustav Nottebohm in Wien.

[403] Dresden, den 29. Juli 1847.


Lieber Nottebohm,


Die Handschrift möge Ihnen nicht ganz fremd geworden sein! Lange ist's, daß wir uns nicht gesehen; oft aber habe ich Ihrer gedacht, und hoffe dasselbe auch von Ihnen.

Zuerst in Kürze, was mich zu diesem Brief veranlaßt! Ich las in den Zeitungen von der Vacanz am Directorium des Conservatorium. Die Stelle ist eine, wie ich sie mir wohl wünsche; dazu fühle ich mich jetzt recht frisch an Kräften und sehne mich in einen regen Wirkungskreis. Ernstlich mich aber darum bewerben will ich nicht eher, als ich in allen Verhältnissen genau orientirt bin, und dazu sollen Sie mir hülfreiche Hand bieten und werden es gewiß auch, soweit ich Ihre Theilnahme für mich von früher her kenne.

Die Hauptsache also ist, Sie erwähnen gegen Niemanden meinen Namen, geben mir aber einen möglichst sicheren Bescheid über Alles, was Sie über die Wiederbesetzung der Stelle erfahren. Wissen möchte ich auch, warum Preyer die Stelle niedergelegt, sodann, wer über die Wahl zu entscheiden hat, ob der Ausschuß der Gesellschaft, und wer jetzt im Ausschuß sitzt, – wissen sodann, wer denn um die Stelle schon angehalten und wie sich die öffentliche Meinung und die der Musiker darüber ausspricht. Bei Ihren Nachforschungen bitte ich Sie aber, wie gesagt, meinen Namen noch aus dem Spiel zu lassen.

Bestimmteres über alle diese Punkte können Sie sicher durch Fischhof, A. Fuchs oder Likl erfahren. An Fischhof hätte ich selbst darum geschrieben; er ist aber, wie ich glaube, um die jetzige Zeit gewöhnlich auf Reisen, und so fürchtete ich, erhielt er meinen Brief zu spät. Ist er aber in Wien, so sagen Sie ihm dennoch nichts von diesem Brief; ich will erst Ihre Antwort abwarten.[403]

Sein Sie denn so freundlich, lieber Nottebohm, und interessiren sich für die Sache, – geben Sie mir auch bald Nachricht: denn da bis zum 1. October die Stelle besetzt sein soll, ist keine Zeit zu versäumen.

Dies für heut', und egoistisch genug, nur dieses. Im Nächsten auch von Anderem. Daß Sie diese Zeilen recht wohl und heiter antreffen mögen, wünsch' ich und hoffe ich


Ihr

R. Sch.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 403-404.
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