88. An Debrois v. Bruyck.

[435] Düsseldorf, den 26. Juli

1853.


Geehrter Herr,


Sie erhalten hier Ihre Compositionen zurück. Vieles möchte ich Ihnen im Detail darüber sagen, aber die Feder ist dazu zu schwerfällig. Es hat mich gefreut, wie Sie seit den ersten Compositionen, die ich von Ihnen sah, an Gewandtheit und Beherrschung der Harmonie und Form gewonnen haben.

Der »Haideknabe« scheint mir gar zu schaurig, ein Nachtgemälde, das dem Gedicht nach, freilich keinen Wechsel von Schatten und Licht[435] gestattete. Von den Gesängen muthet mich das »Liebe mich« besonders an; es hat eine sehr innige Melodie. Nur die drei letzten Takte haben, wenn ich so sagen darf, etwas Rococoartiges, was mit leichter Mühe wegzubringen wäre. Dann gefällt mir auch das, »Ich und Du« sehr bis auf einige Verdopplungsintervalle in der Begleitung, die gleichfalls leicht zu ändern sind.......

Es sollte mich freuen, auch von den anderen Compositionen, die Sie mir nennen, kennen zu lernen, namentlich die Ouvertüre. Haben Sie Gelegenheit, solche Instrumentalwerke in Wien aufführen zu lassen? Oder fällt dies schwer? Kennen Sie vielleicht Kapellmeister Stegmaier? Er ist ein älterer Bekannter von mir, ein sehr routinirter Musiker, dem ich in früherer Zeit manche praktische Belehrung zu danken habe. Ich kenne seine gegenwärtige Stellung nicht genau. Sollten Sie aber glauben, daß er Ihnen zur Aufführung Ihrer Ouvertüre behülflich sein könne, so bin ich gern bereit, dieß zu vermitteln.

Lassen Sie denn bald wieder von sich hören, auch von Ihren Entschlüssen für die Zukunft, und seien Sie meines herzlichen Antheils gewiß.


Ihr

ergebener

R. Schumann.

Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 435-436.
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