Komische Briefe Weber's

[144] Als heitere Belege dafür in welch jovial-ungezwungner Weise die Mitglieder der Gesellschaft schriftlich mit einander verkehrten, mögen hier Briefe von Weber folgen, deren ersterer geschrieben wurde, als Hiemer mit Vollendung des Textes zu der Oper »Sylvana« zögerte und deren zweiter und dritter aus Ludwigsburg, wo sich der Hof im Sommer aufhielt und wohin dann öfter auch die Oper commandirt wurde, geschrieben sind. Der musikalische Brief ist voll Reiz und Humor, der versifizirte ist durch eine Bestellung Danzi's hervorgerufen, der Weber aufforderte, für ihn und die Sängerin Lang, die im musikalischen Briefe »cara puzzicaca« heißt und deren später öfter Erwähnung zu thun ist, Quartier in Ludwigsburg zu bestellen. Dem letzteren hat Hofrath Lehr eine Nachschrift beigefügt:


Epistel an Hiemer den 19. July 1809.

Da Prosa Sie nicht rühren kann

So fängt mein Brief mit Versen an.

O allgewaltiger Reim-Tyrann!

Der alles, was er will, auch kann,

Erhör des Komponisten Flehn;

Laß ihm die Krisis nicht vergehn,

In der Er durch Dich inspirit

So manche Nummer exspedirt.

Du weißt, die Kunst ist ja ein Weib

Hat Teufels Launen in dem Leib;

Ist da der rechte Zeitpunkt fort

Ist man verlesen, auf mein Wort. –

Zum Teufel, Dir ist's Kleinigkeit

Mit Deinem dicken Kopf;

Nimm, wo Du findst, mit Dreistigkeit

Die Reime bei dem Schopf.

Reim' Herz und Schmerz[144]

Und Sonn' und Wonn',

Laß Herzen brechen

Und Freunde rächen,

Mal Sturm und Graus

Fluch' wie ein Haus,

Laß ringen, streben, toben, dräun,

Und endlich selbst dem Feind verzeihn –

Ich weiß, wenn Du nur willst, Du kannst!

Man kennet Dich, Du fauler Wanst;

Begeistre Dich bei Lasting schnell,

Laß brausen dann die Dichtungsquell,

Und sieh, ich will ein Waldhorn sein

Gelingt Dir nichts bei Lieb und Wein.

Und sollt dies alles helfen nicht

Sollt selbst mein Zorn genug nicht sein

(Der mir doch half zu dem Gedicht)

Sollt doch noch immer faul Er sein, –

Soll mich, weiß Gott der Teufel holen,

Fordre ich ihn nicht auf zwei Pistolen;

Nicht eher will ich ruhen, rasten,

Und sollt ich zwanzig Tage fasten

Kein Mädchen küssen

In's Bette p – –

Klavier nicht spielen

Stets Hunger fühlen

Nicht singen können

Das Maul verbrennen

Kurz keine Note kennen mehr

Zu Grunde gehn – und was noch mehr –

Bis daß ich freudig rufen kann –

Poetischer Ochsenziemer! –

O Brief! – Dir gleicht kein Gold Arcan

Denn – Du bezwangst den Hiemer.[145]


An Danzi.
Komische Briefe Weber's

Komische Briefe Weber's

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Komische Briefe Weber's

[147]


Komische Briefe Weber's

[148]


Komische Briefe Weber's

Ludwigsburg, den 15. Juni 1808.

Verharre mit schuldigstem

Reh-Spek

Eier Woll gebohrten

übergebner Diener

Krautsallat.[149]


An Danzi.

Donnerwetter, was bin ich erschrocken

Als ich vermerkte an den Hausglocken

Daß wieder ein Brief an mich da sey;

Ich dacht' es wär' so eine Dammerey

Von irgend einem edlen Schuldherrn,

Und die hör ich bekanntlich verflucht ungern.

So aber war ich um so mehr überroschen,

Und zahlte mit Freuden meinen Groschen.

Euer Brief hat mich sehr amüsoren,

Ich kratzt mich alsobald hinter den Ohren,

Und rief den treuen Gehann herbei,

Erklärte ihm wovon hier die Rede sey,

Lobte im Suchen sein großes Talent

Und fix wie der Teufel war er davon gerennt,

Denn ich sagt ihm, er müsse gar sehr sich beeilen,

Und am besten (wo möglich) in zwei Hälften sich theilen.


Bevor nun die ersehnte Nachricht ankommt,

Bin ich (als im Beantworten prompt,)

Zu dem nur mir eigenen Schreibtisch geronnen,

Und habe einstweilen zu schreiben begonnen.


Das ist wahr, der Gehann ist ein ganzer Kerl,

Flink und schnell wie 'n Schokoladen Querl,

Kaum war eine Stunde in's Land gekrochen,

Hatt' er schon zwei Zimmerchen ausgerochen.

Das eine ist nicht groß, doch's zweite ist klein,

Inzwischen gehn viel geduldige – hinein,

Und wenn am End' alle Stricke zerreißen,

So werden Rapunzel und ich uns nicht beißen;

Ich hab ein' chinesischen Hofrath im Haus,

Der fuhr um die Welt herum, 's ist gar ein Graus –

Nun kann ich denn so einen Herrn einquartieren,

So wird ein Kapellmeister mich auch nicht genieren.

Mit einem Wort, Alles ist gut eingerochen

Tragen's nur gefälligst heraus Ihre Knochen,

Denn was meiner Anstalt die Krone verleiht,

Ist das, daß von meinem Pallast es nicht weit –

Sobald Ihr in unserer Stadt angekommen,[150]

So wird bei mir erstens der Abtritt genommen,

Dann könnt Ihr Euch drehen und wenden nach Lust

Indem Ihr verzehrt eine kälberne Brust,

Denn Hunger auf Reisen beständig thut quälen,

Und Wein wird den Sängerinnen auch hier nicht fehlen.


Finaliter also, Ihr dürft nur erscheinen,

Und einstweilen Thränen der Dankbarkeit weinen,

Denn alles was nöthig, besorgt in der That,

Der immer Euch liebende Freund

Krautsallat.

Ludwigsburg in demjen'gen September,

Der zwei Monat früher kommt als der December.

1808.


Da kommt der astrachan'sche Hofrath daher

So'n Kerl kommt mir alle Augenblick in die Quer –


Mein lieber Veit Weber, das kränkt mich nicht sehr.

Und wenn ich so sage, es kränkt mich nicht sehr,

So versteh' ich darunter – es kränkt mich nicht sehr.

Hofrath Lehr.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 144-151.
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