Costüme zum »Freischütz« in Dresden

[382] Die Berliner Costüme hatten Weber, in ihrer fast militärischen Adrettheit und Eleganz, nicht zugesagt. Er wußte in Dresden bessere Muster dafür zu finden. Auf einem alten Gebäude Dresdens, das von Johann Georg für Zwecke seiner großen Jägerei erbaut worden ist, befanden sich damals noch kräftig und decorativ in Sandstein ausgeführte Jägergestalten, natürlich getreu im Costüme der Zeit, die sie geschaffen hatte. Diese Figuren waren Weber's Aufmerksamkeit nicht entgangen und vor dieselben führte er den, später in diesem Fache berühmt gewordenen, damals jungen, zugleich als tüchtiger Komiker beim Dresdener Theater angestellten Costümzeichner, Ferdinand Heine, und sagte zu ihm: »Sehen Sie! nach den alten, kräftigen Kerls zeichnen Sie mir meine Freischützleute!« Nach den Figurinen dieses klugen und bühnenerfahrenen Künstlers wurden die, in ihrer Art durchaus mustergültigen, im innersten Zusammenhange mit dem Colorit der Oper aufgefaßten Costüme zum »Freischütz« in Dresden ausgeführt.

Wegen dieser unablässigen und anscheinend oft in's Kleinliche gehenden Bemühen um die Aeußerlichkeiten der Darstellung der Oper, hatte Weber häufig, besonders in Chiappone's traulichem Ladenzimmer, den Spott Tieck's zu ertragen, der, wenn er auch nicht die Oper überhaupt, wie Müllner, »ein Rührei von Sinn und Unsinn« nannte, doch, wie bekannt, darauf drang, daß der scenische Apparat überhaupt auf ein Minimum reducirt werden solle. Er schalt Weber, daß ein Mann von seinem Genie und Einfluß dem Decorations- und Maschinenunfug Vorschub leiste und kam, zunächst bei Aufführung der Preciosa, noch mehr aber, als Weber sich immer inniger in das Princip der Euryanthenschöpfung und die Ideen über Gleichberechtigung der dramatischen[382] Künste auf der Opernbühne vertiefte, in lebhafte Altercationen mit ihm, welche sogar einige Male den Charakter von Differenzen annahmen. Dieselben stimmten indeß nie die Freundschaftlichkeit des Verkehrs der Meister herab.

Weber ließ vom »Freischütz« in Dresden im Ganzen zehn Proben, mit Ausschluß von ca. sechs bis sieben Decorations- und Beleuchtungsproben, machen. Zwei davon waren Generalproben, die wieder durch aus wie Vorstellungen behandelt wurden. Nach der letzten derselben nahm er, im Orchester aufstehend, das Käppchen ab und sagte, auf die Bühne und rings im Orchester grüßend: »An Euch da droben und uns hier unten wird es wahrlich nicht liegen, wenn die Oper nicht gefällt! –«

Es war dies einer jener kleinen Züge, durch die er sich die Herzen seiner Untergebenen, bei aller Strenge, unwiderstehlich eroberte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 382-383.
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