Honorar für »Euryanthe«

[387] Bei dem Herannahen des Zeitpunktes der, zum Studium der Theaterverhältnisse und des Geistes und Geschmackes des Publikums nach Wien zu richtenden Reise, wandte sich Weber mit untenstehendem Briefe an den Stellvertreter Barbaja's, den ihm schon befreundeten, ehemaligen Tänzer Duport, in welchem er die, ihm am 26. Dec. 1821 gemachte Offerte eines, nach Maßgabe des Gefallens seiner Oper[387] fortlaufenden Honorars, (leider) ablehnte und das im Briefe bezeichnete mäßige Reisegeld, das ihm auch sofort bewilligt wurde, beanspruchte.


»Dresden den 3. Januar 1822.


etc. Habe meinen Dank für die freundliche und schmeichelhafte Weise abzustatten, mit der Sie meinen Vorschlägen begegnen, und ich zweifle nicht, daß wir uns auch baldigst über den noch einzigen streitigen Punkt des Honorars vereinigen werden. So sehr ich im Voraus von der Billigkeit des Herrn Barbaja überzeugt bin, so glaube ich doch, daß das Hinweisen auf ein nachträgliches Honorar, von dem Gefallen der Oper abhängig gemacht, leicht Ursache zu Verstimmungen einst geben könnte, und es ist wohl für beide Theile am angenehmsten, alle Verhältnisse so klar als möglich bestimmt zu sehen.

Ich muß es wiederholt aussprechen, wie sehr mir vor Allem daran liegt, den Erwartungen des geehrten Wiener Publikums so gut als mir irgend möglich ist zu entsprechen. Je mehr ich die dahin führenden Mittel erwäge, je nothwendiger finde ich es, ehe ich die Composition beginne, Wien zu besuchen; und dann, erregt von den Eindrücken, die mir Sänger und andere Kunstmittel geben, an die Arbeit zu gehen. Dies könnte ich im Februar bewerkstelligen. Bestimmen Sie also mein Honorar auf 240 Friedrichsd'or und bewilligen Sie mir 60 Friedr:d'or zu dieser Reise. Sie werden mir vielleicht entgegnen, daß dies immer wieder die Summe von 300 Friedr:d'or ausmache, aber es gestaltet sich doch in so fern ganz anders, als ich diese verreisten 60 Friedr:d'or nicht als empfangenes Honorar ansehen kann, und als Solches betrachtet, offenbar verliere.

Das Angenehme, das für beide Theile übrigens aus dieser Zusammenkunft hervorgehen kann, liegt klar vor Augen.

Ich bitte aber wegen der sich drängenden Zeit hierüber um baldigste Entscheidung, da ich mit allen übrigen Punkten Ihres geehrten Schreibens ganz einverstanden bin.

Das Honorar des Buches wird sich auf 30 Friedr:d'or belaufen.[388]

Die Ausschmückung hinsichtlich des Ballets überlasse ich ganz Ihrem Ermessen. Da man es in Paris und Berlin sehr gern hat, glaubte ich es Ihnen eben so genehm.

Der ich die Ehre habe etc.«


An Lichtenstein schreibt er am 31. Jan., nachdem ihm Frau von Chezy am selben Tage den, nach seinem Plane umgearbeiteten, 1. Akt gebracht hatte.


»etc. Ich gehe jetzt blos hin, um das Sänger-Personal kennen zu lernen, für das ich schreiben soll. Bis zum September soll die große Oper fertig sein. So lange ruhen die Pintos. Das Gedicht halte ich für höchst ausgezeichnet, das mir Helmine v. Chezy dazu gemacht hat. Die Oper heißt ›Euryanthe‹. Es fehlt also nichts als die Kleinigkeit, daß ich sie ordentlich mache. etc.«


Schon waren alle Fesseln abgestreift, die ihn von der Reise zurück hielten, und er dachte die letzten Stunden ganz allein Carolinen zu widmen, deren Zustand sich durch die Aufregung des Abschieds verschlimmerte, als ein Brief des Banquier Benedikt in Stuttgart einlief, der ihn besorglich bat, ihm eine Mittheilung über Talent und Fortschritte seines Sohnes Julius zu machen.

Einen besorgten Vater auf Kunde von seinem Sohne, der noch dazu sein lieber und geschätzter Schüler war, warten zu lassen, war Weber's Art nicht. Am Abende vor seiner Abreise schrieb er an den alten Herrn und wußte, daß er ihm mit den nachfolgenden Zeilen, die seine Liebe für den wackern Schüler und seine Achtung vor dessen Talente so deutlich aussprechen, Freude machte:


»etc. Mein guter Julius macht mir viele Freude, und ich hoffe, daß Zeit, ernstes Studium und Fleiß, mit seinen übrigen Geistesgaben und wirklichem Talent verbunden, der Welt einst einen tüchtigen Künstler geben werden. Die lange Trennung von dem theuren Sohne muß Ihnen allerdings höchst schmerzlich sein; aber ich halte es für meine Pflicht, Sie dringend dar auf aufmerksam zu machen, ja nichts halb[389] zu thun um sich doppelte Freude und Beruhigung fürs ganze Leben in jetziger Entsagung zu versichern. Das ernste, tiefe Studium der Kunst kann nur langsam und stufenweise fortschreiten, und dadurch innere Sicherheit begründen. Es ist eben das traurige Zeichen der Zeit, daß Alles sich mit der Oberfläche begnügt, und, der Schule zu früh entlaufen, dann in ewig unsicherm Schwanken nach Effecten hascht, die eben so schnell wieder vergehen als sie unbegründet entloderten. Man kann sich eines trüben Lächeln nicht erwehren, wenn man sieht, daß Jedermann es natürlich findet, die Handlung z.B. mehrere Jahre lernen zu müssen, ja für den Handwerker nebst den 3–4 Lehrjahren auch noch die Wanderjahre für nöthig gehalten werden, und nur in der Kunst, in dem tiefsten, allumfassendsten Studium des Lebens vielleicht, – soll es mit flüchtigen mondenlangen Links und Rechts schon abgethan sein.

Ich habe Ihren Sohn, statt der versprochenen 12 Lectionen monatlich, täglich bei mir gesehen. Damit will ich mir keinen Dank von Ihnen verdienen, sondern es soll Ihnen nur zeigen, was für Zeit nur zu den einfachsten Vorstudien gehört. Ich habe, um seinen Erfindungsgeist rege zu erhalten, ihm jetzt schon Arbeiten erlaubt, die er eigentlich noch nicht hätte machen sollen, aber dem Himmel sei Dank, ich habe mich durch sein eigenes richtiges Gefühl reichlich belohnt gefunden, indem er eben durch diese Arbeiten einsehen lernte, wie weit noch zum Ziele sei. Ich breche ab, weil mein reichhaltiger Stoff mich zu weit führen würde.

Dies Wenige kommt aus meiner innersten Ueberzeugung und meiner wahrhaft herzlichen Theilnahme und Zuneigung zu meinem guten Julius. etc.«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 387-390.
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