Fränzl, Frau Marianne

[227] *Fränzl, Frau Marianne, Ps. Marianne Berg, Wien II, Circusgasse 47, geboren am 27. September 1854 als die Tochter eines Wiener Fabrikanten, in dessen Haus die namhaftesten Künstler Alt-Wiens, Volks-Dichter, Sänger, Musiker und Lokal-Schriftsteller verkehrten. Schon sehr frühzeitig von litterarischen und künstlerischen Anregungen umgeben, kam sie durch ihre bereits im 16. Lebensjahre erfolgte Verheiratung erst sehr spät zu schriftstellerischer Bethätigung. Die Richtung derselben war durch die streng häusliche Erziehung im Elternhause von allem Anfang an genau vorgezeichnet. Als Kind und Mädchen wurde sie angehalten, die ernsten Pflichten einer bürgerlichen Hausfrau im elterlichen Heim kennen zu lernen und späterhin, als die Frau eines, auf der untersten Stufe der Bureaukratie stehenden kleinen Beamten war sie gezwungen, diese Pflichten in unermüdlicher Arbeit als fleissige Mithelferin des erwerbenden Gatten und als treue Mutter vier heranwachsender Kinder auszuüben. Erst als die vorgeschrittene Beamtencarriere ihres Mannes ihr mehr Müsse gönnte, folgte sie ihrem Triebe nach schriftstellerischer Bethätigung. Sie schilderte Menschen und Schicksale aus dem bürgerlichen Leben. Ein fünfaktiges Volksstück: »Die Wiener Naschmarkt-Venus«, aus ihrer Feder ist zur Aufführung an einer Wiener Bühne bestimmt. Ein grösserer, in Italien spielender[227] Roman »Anitta«, sowie zwei Bände gesammelter Novellen, welche im Feuilleton grosser Wiener Tagesblätter und in angesehenen illustrierten Wochenschriften und Kalendern erschienen sind, sollen in Buchform herausgegeben werden. Zu der auf der Tagesordnung stehenden Frauenfrage hat M. F. in einem 1896 im österreichischen Frauenvereine gehaltenen Vortrag über: »Die weibliche Unsittlichkeit« Stellung genommen, der seinerzeit in der gesamten Öffentlichkeit mit grösstem Interesse aufgenommen und diskutiert wurde.

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 1. Berlin, 1898., S. 227-228.
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