X, 88. [914.] An Agni.

[369] 1. Ergossen ist der Opfertrank, der ew'ge,

dem Agni lieb, dem lichten Himmelsstürmer,

Ihn breiteten mit Schöpferkraft die Götter

der Welt zur Stütze aus, um sie zu tragen.

2. Verschlungen war die Welt, verhüllt vom Dunkel;

Lichtglanz erschien, als Agni ward geboren;

An seiner Freundschaft labten sich die Götter,

die Erd', der Himmel, Wasser und Gewächse.

3. Erregt nun von den opferwerthen Göttern

will ich den ew'gen, hohen Agni preisen,

Der Erd' und Himmel hier mit Glanz durchstrahlt hat,

die beiden Welten und die Luft dazwischen.

4. Der erste Priester er, der Gott-erwünschte,

den liebend man mit Opferschmalz besalbte,

Was fliegt, was geht, was steht, was sich beweget,

macht' dienstbar sich der Wesenkenner Agni.

5. Als an des Himmels Haupt du standest, Agni,

o Wesenkenner, mit dem Glanz der Welten,

Da priesen wir mit Liedern dich und Sprüchen,

da warst du opferwerth, die Welt erfüllend.

6. Der Erde Haupt ist Agni in den Nächten,

dann steigt er früh als Sonne auf am Morgen;

Wenn eilend er ans Werk geht, wohl erkennend

die Zaubermacht der altehrwürd'gen Götter.

7. Der angezündet sehenswerth an Grösse

am Schooss des Himmels leuchtend hell erglänzte,

In diesen Agni goss mit schönem Sange

die Götterschar den Guss, den Leib beschützend.[369]

8. Den schönen Sang zuerst, darauf den Agni,

den Opferguss dann schufen sich die Götter;

Er ward ihr Opfer, das den Leib beschützet,

ihn kennt die Erd', ihn Himmel und Gewässer.

9. Er, Agni, den die Götterschar erzeugte,

in welchen alle Wesen Opfer giessen,

Er wärmte Erd' und Himmel hier mit Strahlen,

mit seiner Grösse grad' empor sich richtend.

10. Denn Götter zeugten durch Gesang am Himmel

den Agni, dass mit Kraft die Welt er füllte,

Ihn schufen sie, dass dreifach er erscheine;

die allgestalt'gen Pflanzen lässt er reifen.

11. Als an den Himmel ihn die heil'gen setzten,

als Sonnengott die Götter den Aditja,

Als beide Zwillingswanderer erstanden,

da konnten vor sich schauen alle Wesen.

12. Die Götter machten als des Tages Leuchte

dem Weltall ihn, den Männerhort, den Agni,

Der ausgebreitet hat die lichten Morgen,

enthüllt das Dunkel, wenn im Glanz er ankommt.

13. Den Männerhort, den Agni, der nicht altert,

erzeugten sie, die weisen, heil'gen Götter,

Den alten Stern, der unverlöschlich wandert,

den starken, hohen Herrn der Meteore.

14. Den Männerhort, der Tag für Tag erstrahlet,

den weisen Agni preisen wir mit Sprüchen

Der beide Welten überragt an Grösse,

der Gott im untern und im obern Raume.

15. Zwei Pfade gibt's, so sagten mir die Väter,

den Göttern gangbar und den Menschenkindern,

Auf ihnen wandelt alles, was sich reget,

was zwischen Erd' und Himmel ist, den Aeltern.

16. Vereinigt tragen beide sie den Wandrer,

den Haupt-entstammten, mit Verstand geschmückten;

Auf alle Wesen blickend steht er strahlend,

das All durchdringend, nimmer ferne weilend.

17. Wo sich der untre und der obre sprechen,

wer weiss das von uns Opferleitern beiden,

Des Festes Mahl bereiteten die Freunde,

zum Opfer kamen sie, wer wird es kund thun?

18. Wie viel der Feuer gibt's und Morgenröthen?

wie viele Sonnen und wie viel Gewässer?

Nicht sag' ich euch, o Väter, das zur Kurzweil,

euch weise frag' ich, um es zu erfahren.[370]

19. So lang die schönbeschwingtenA1, Matariçvan!

sich kleiden in der Morgenröthe Strahlen,

So lange wirkt beim Opfer der Brahmane

sich niederlassend zu des Priesters Füssen.

Fußnoten

A1 Die Dämmerungen.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 369-371.
Lizenz:

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