|
[287] Das zehnte Buch ist insofern dem ersten ähnlich, als es gleichfalls Lieder enthält, die aus den verschiedensten Zeit stammen, und weder an eine bestimmte Sängerfamilie, noch an einen bestimmten Inhalt geknüpft sind. Wir finden in ihm wie im ersten Buche Lieder aus der Blütezeit der vedischen Poesie, aber daneben auch Lieder die einer Zeit entstammen, die nicht viel älter ist, als die Zeit der jüngsten Periode vedischer Lyrik, wie sie uns im Atharvaveda entgegentritt. Auch enthält das erste Buch Lieder von ebenso spätem Ursprung, wie die jüngsten Lieder des zehnten sind. Aber allerdings erscheinen sie im zehnten Buche in viel grösserer Zahl, während sie im ersten Buche nur sporadisch zwischen den ältern Sammlungen eingeschaltet sind. Ferner knüpfen sich die Sammlungen des ersten Buchs nachweislich an besondere Sängerfamilien, in denen sie als ein Heiligthum aufbewahrt und fortgebildet wurden. Dies ist bei den Sammlungen des zehnten Buchs nur einmal der Fall. Die Angabe der Verfasser, wie sie uns in der Ueberlieferung der anukramaṇikā vorliegt, ist in diesem Buche mit wenigen Ausnahmen gänzlich werthlos. Von den acht Sammlungen, aus denen das zehnte Buch besteht, geht nur eine auf eine einzelne Sängerfamilie zurück, die übrigen sind aus grösstentheils ältern Liedern zu einer Zeit zusammengestellt, in welcher schon die Liederschätze der einzelnen Familien Gemeingut des vedischen Volks geworden waren, und in welcher auch schon die Sprache eine theilweise Umbildung erfahren hatte (z.B. sarva an die Stelle des ältern viçva, oder wenigstens neben ihm eingetreten war.) Die Sammlungen waren theils zu besondern, liturgischen Zwecken zusammengestellt, theils bildeten namentlich die letzte und bedeutendste der Sammlungen eine[288] Nachlese von Liedern, die in den übrigen Büchern noch keine Aufnahme gefunden hatten. Diese Sammlungen müssen schon vor der Zusammenstellung des zehnten Buchs als selbständige Liederkreise bestanden haben. Aber auch die Sammler dieser Liederkreise fanden die Lieder grossentheils nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt vor, sondern hin und wieder durch fremde Bestandtheile vermehrt, oder aneinander gekittet, und auch sie selbst und die sich an sie anschliessenden Schulen werden wol auch einen Antheil an diesen Umgestaltungen gehabt haben. Diese verschiedenen Sammlungen wurden dann in einer spätern, obwol von jener nicht sehr entfernt liegenden Zeit, zu einem Buche zusammengestellt und mit neuen Zuthaten vermehrt. So bieten sich denn in unserm Buche drei zeitlich getrennte Bestandtheile dar, erstens diejenigen, die von den ältern Liederdichtern selbst herrühren, zweitens die von der Redaction der einzelnen Sammler herstammenden und drittens die, welche ihren Ursprung den Zusammenstellern des ganzen Buchs verdanken. Da für die Sonderung der beiden zuletzt genannten Bestandtheile die Sprache keinen sichern Anhaltpunkt gewährt, sondern fast nur das oft noch erkennbare Princip der Anordnung der zu einer Sammlung vereinigten Lieder eine Art Entscheidung gewährt, so ist diese Sonderung nicht mit Sicherheit durchzuführen. Um daher nicht in subjective Willkür zu gerathen, habe ich darauf verzichtet, in diesem Buche die Sammlungen in ihrer ursprünglichen Gestalt herstellen zu wollen, habe aber, wo es irgend möglich war, das Princip der Anordnung hervorgehoben.
Buchempfehlung
Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«
48 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro