Fünfter Khaṇḍa.

[788] Das Wort Om bedeutet in seinen drei Lauten den Nṛisiṅha: dieser ist a als âptatama (der erlangendeste), u als utkṛishṭatama (der erhabenste), m als mahâvibhûti (der allmächtige), was dann weiter an den Worten des Nṛisiṅhaspruches durchgeführt wird. Die beiden ersten der genannten drei Prädikate sind nach Mâṇḍûkya-Up. 9-10 (oben S. 581) gebildet.


Was nun den a-Laut betrifft, so bedeutet er den erlangendesten; denn auf den Âtman, den Nṛisiṅha, das Brahman bezieht er sich; dieser aber ist der erlangendeste; denn er ist der Zeuge, ist der Herr; darum ist er allgegenwärtig; denn er (lies sa hi idam sarvam) ist dieses Weltall, ist der erlangendeste. Denn dieses Weltall ist nur der Âtman, ein blosses Trugbild. – Er ist ugra als der erlangendeste, ist vîra als der erlangendeste, ist mahân als der erlangendeste, ist vishṇu als der erlangendeste, ist jvalan als der erlangendeste, ist sarvatomukha als der erlangendeste, ist nṛisiṅha als der erlangendeste, ist [788] bhîshaṇa als der erlangendeste, ist bhadra als der erlangendeste, ist mṛityumṛityu als der erlangendeste, ist namâmi als der erlangendeste, ist aham als der erlangendeste. – Ja, der Gott Nṛisiṅha ist der Âtman, ist das Brahman. Wer solches weiss, der ist »ohne Verlangen, frei von Verlangen, gestillten Verlangens, selbst sein Verlangen; dessen Lebensgeister ziehen nicht aus, sondern eben daselbst bleiben sie versammelt, denn Brahman ist er und in Brahman löst er sich auf« (Bṛih. 4,4,6 und 3,2,11, oben S. 477. 433).

Was aber den u-Laut betrifft, so bedeutet er den erhabensten; denn auf den Âtman, den Nṛisiṅha, das Brahman bezieht er sich; darum ist er die Realität als Wesen habend; denn nicht gibt es ausser ihm ein anderes, [das da wäre] ohne erkennbar zu sein, das nicht vom Âtman sein Licht empfinge. Denn nur er ist Selbstlicht, nicht anhaftend, und nichts andres [als sich selbst] erblickt der Âtman. Darum ist sie nicht anderweit zu finden, sondern nur dem Âtman eigen ist jene Erhabenheit. – Er ist ugra als der erhabene, ist vîra als der erhabene, ist mahân als der erhabene, ist vishṇu als der erhabene, ist jvalan als der erhabene, ist sarvatomukha als der erhabene, ist nṛisiṅha als der erhabene, ist bhîshaṇa als der erhabene, ist bhadra als der erhabene, ist mṛityumṛityu als der erhabene, ist namâmi als der erhabene, ist aham als der erhabene. – Darum soll man den Âtman also erkennen; ja, der Gott Nṛisiṅha ist der Âtman. Wer solches weiss, der ist »ohne Verlangen, frei von Verlangen, gestillten Verlangens, selbst sein Verlangen; dessen Lebensgeister ziehen nicht aus, sondern eben daselbst bleiben sie versammelt, denn Brahman ist er, und in Brahman löst er sich auf« (Bṛih. 4,4,6 und 3,2,11).

Was aber den m-Laut betrifft, so bedeutet er den allmächtigen; denn auf den Âtman, den Nṛisiṅha, das Brahman bezieht er sich; darum ist er der unbeschränkte (analpa, Chând. 7,24,1), unteilbare, selbstleuchtende; ja, Brahman ist der erlangendeste, erhabenste, und dieses Brahman ist auch das allwissende, grosse Zauberkunst übende, allmächtige. – Es ist ugram als das allmächtige, ist vîram als das allmächtige, ist mahad als das allmächtige, ist vishṇu als das allmächtige, ist jvalan als das allmächtige, ist sarvatomukham als das allmächtige,[789] ist nṛisiṅham als das allmächtige, ist bhîshanam als das allmächtige, ist bhadram als das allmächtige, ist mṛityumṛityu als das allmächtige, ist namâmi als das allmächtige, ist aham als das allmächtige.

Darum soll man mit dem a-Laute und u-Laute diesen Âtman als den erlangendesten, erhabensten, reingeistigen, allschauenden, all-zuschauer-seienden, allverschlingenden, aller Liebe Ort seienden, aus Sein, Denken und Wonne bestehenden, nur einen Geschmack habenden, vor dieser ganzen Welt herrlich aufleuchtenden (oben S. 782) erforschen und ihn dann als das erlangendeste, erhabenste, reingeistige, allmächtige, aus Sein, Denken und Wonne bestehende, nur einen Geschmack habende höchste Brahman durch den m-Laut erkennen. – Ja, der Gott Nṛisiṅha ist der Âtman, ist das höchste Brahman. Wer solches weiss, der ist »ohne Verlangen, frei von Verlangen, gestillten Verlangens, selbst sein Verlangen; dessen Lebensgeister ziehen nicht aus, sondern eben daselbst bleiben sie versammelt, denn Brahman ist er, und in Brahman löst er sich auf« (Bṛih. 4,4,6 und 3,2,11). – Also sprach Prajâpati.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 788-790.
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