[321] 3. payo– 'mbu-vac cet? tatra api
wie die Milch und das Wasser, meint ihr? Auch bei ihnen –

›Nun ja, aber man kann doch annehmen, dass, so wie die Milch, obwohl sie ungeistig ist, sich doch aus sich selbst heraus zum Wachstum des Kalbes fortbewegt, und wie das Wasser, obwol es ungeistig ist, doch aus sich selbst heraus zum Nutzen der Welt dahinfliesst, ebenso auch die Urmaterie, wiewohl sie ungeistig ist, sich aus sich selbst heraus in Bewegung setzt, um den Zweck des Purusha zu vollbringen.‹ – Aber diese Behauptung ist nicht richtig; denn »auch bei ihnen«, bei der Milch und dem Wasser, müssen wir schliessen, dass ihre Bewegung nur dadurch erfolgt, dass sie von einem Geistigen regiert werden. Denn ein bloss Ungeistiges, wie der Wagen u.s.w., kann sich, wie wir beiderseits zugeben, nicht bewegen. Und auch die Schrift, wenn sie sagt: »der in den Wassern wohnend, von den Wassern verschieden ist, ... der die Wasser innerlich regiert« (Bṛih. 3, 7, 4), – »auf dieses Unvergänglichen Geheiss, o Gārgī, fliessen die Ströme, die einen nach Osten« u.s.w. (Bṛih. 3, 8, 9), – lehrt, dass der gesamte Fluss des Weltlebens von Gott regiert wird. Weil also der Gesichtspunkt, aus dem man den Beweis führen will (sādhya-paksha) bei ihnen gar nicht zulässig ist, kann mit der Erinnerung an die Milch und das Wasser nichts geschafft werden. Dazu kommt, dass es die geistige Milchkuh ist, welche aus Liebe, auf ihren Wunsch hin die Milch hervorströmen lässt, sowie auch dass dieselbe durch das Saugen des Kalbes herausgezogen wird. | Und auch das Wasser ist nicht ohne alle Absicht, sofern es bei seinem Fliessen es auf die niedriger gelegenen Gegenden abgesehen hat. Dass aber eine Absicht ein Geistiges voraussetzt, haben wir allerwärts bewiesen; und wenn nach dem Sūtram: »weil man ein Hinzunehmen [von Werkzeugen] bemerkt, nicht, meint ihr? – Nein! denn es ist wie mit der Milch« (2, 1, 24), eine Wirkung auch von selbst ohne eine äussere Veranlassung möglich ist, so war dieses nur ein vom weltlichen Standpunkte aus gebrauchtes Gleichnis;[321] damit wird nicht umgestossen, dass vom Standpunkte der Schriftlehre aus überall [wo eine Bewegung stattfindet] eine Absicht Gottes anzunehmen ist.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 321-322.
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