XIII

Das Welt-Kapitel

[651] 167

Gemeines fliehe überall,

Leb' nicht in dumpfer Trägheit hin,

Verabscheue was falsch und schlecht,

Treib' in der Welt dich nicht umher.


168

Sei wachsam, halte standhaft aus,

Geh' weiter deinen rechten Gang;

Wer recht geht lebet glücklich hier

In diesem und in jenem Sein.


169

Geh' weiter deinen rechten Gang,

Folg' nicht dem falschen, bösen Weg;

Wer recht geht lebet glücklich hier,

In diesem und in jenem Sein.


170

Als Schaumblase sieh' diese Welt,

Als Luftgebild sieh' diese Welt:

Dann sieht dich, der du also schaust,

Der Herr des Todes nimmermehr.


171

Geht, schaut euch an die schöne Welt,

Die wie ein Königswagen gleißt –

Nur Toren sind hineinverstrickt,

Kein Band hält mehr die Wissenden.


[652] 172

Wer früher törig sorglos war,

Doch endlich seine Schuld erkennt,

Der leuchtet durch die finstre Welt

Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.


173

Wer einst begangne böse Tat

In wahrer Buße tief bereut,

Der leuchtet durch die finstre Welt

Gleichwie der Mond aus Wolkennacht.


174

In blinder Nacht liegt diese Welt,

Klar sehen hier nur wenige;

Dem netzbefreiten Vogel gleich

Steigt selten einer himmelwärts.


175

Flamingos fliegen durch die Luft,

Magiegewaltig Mächtige

Durchfliegen jedes Raumes Reich,

Als Sieger im Verneinungskampf

Entfliegen Heilige der Welt.


176

Ein lügenhafter, falscher Mensch,

Der aller Wahrheit abgesagt

Und sorglos wähnt, daß ja der Tod

Das Ende seines Wesens sei,

Der ist zu jedem Fehl bereit.


177

Nicht, wahrlich, steigen Geizige zur Welt der Götter,

Die Törigen verpönen Liebesgaben;

Der Weise aber freuet sich des Gebens,

Wird gebend selig diese Welt verlassen.


[653] 178

Vorzüglicher als Kaisermacht,

Vorzüglicher als Himmelsglück,

Vorzüglicher als Weltherrschaft

Ist des Erlösungsweges Ziel.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 651-654.
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