|
[658] 197
O wie so glücklich leben wir,
Haßlos unter Gehässigen!
In dieser haßerfüllten Welt
Verweilen haßerlöset wir.
198
O wie so glücklich leben wir,
Heil unter den Unheilbaren!
In dieser heilverlornen Welt
Verweilen heilgesundet wir.
199
O wie so glücklich leben wir,
Gierlos unter den Gierigen!
In dieser gierverzehrten Welt
Verweilen giergesundet wir.
200
O wie so glücklich leben wir,
Die wir gar nichts besitzen, nichts!
Von Heiterkeit durchsättiget,
Wie lichte Götter strahlen wir.
201
Ein Sieg erzeuget Wut und Haß,
Besiegte leben unglücklich;
Glücklich lebt der Beruhigte,
Gleich fern von Sieges Lust und Not.
[659] 202
Kein Feuer brennt wie Lustbegier,
Kein Sündenübel gleicht dem Haß,
Kein Leiden gleicht dem Lebenswahn,
Kein größres Glück als höchste Ruh'.
203
Der Hunger ist das höchste Weh',
Der Lebenswahn das höchste Leid:
Wer dies, der Wahrheit treu, erkannt,
Dem ist Nibbānam höchstes Glück.
204
Gesundheit ist das höchste Gut,
Zufriedenheit der reichste Schatz,
Gemütsruhe der beste Freund,
Nibbānam allerhöchstes Glück.
205
Wer jenen köstlichen Geschmack
Der Einsamkeit gekostet hat
Und im Genusse tiefer Ruh'
Beglückt, beseliget verweilt,
Leidlos ist der und sündenfrei,
Einschlürfend den Erlösungstrank.
206
Vortrefflich, Edele zu sehn,
Mit ihnen sein ist stets Gewinn;
Wer nichts mit Toren schaffen muß,
O der sei früh und spät beglückt.
207
Wer törig mit den Toren lebt,
Der wandelt langer Irrnis Pfad,
Denn Torenumgang schafft uns Leid,
Gleichwie ein Feind, auf Schritt und Tritt;
Doch hold beglücken Weise uns,
Gleichwie ein teures Wiedersehn.
[660] 208
Dem Standhaften, dem Weisen, Vielerfahrnen,
Der, lasttiergleich, geduldig tragend ausharrt,
Der stets getreu der Heilsordnung ergeben:
Dem also Edlen, Guten, Einsichtvollen,
Dem folge nach, gleichwie der Mond den Sternen.
Buchempfehlung
1858 in Siegburg geboren, schreibt Adelheit Wette 1890 zum Vergnügen das Märchenspiel »Hänsel und Gretel«. Daraus entsteht die Idee, ihr Bruder, der Komponist Engelbert Humperdinck, könne einige Textstellen zu einem Singspiel für Wettes Töchter vertonen. Stattdessen entsteht eine ganze Oper, die am 23. Dezember 1893 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wird.
40 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro