VII

Das Heiligen-Kapitel

(Arahantavaggo)

[636] 90

Der seinen Weg gegangen ist,

Der Sorgenüberwältiger,

Der überall Entdaseinte,

Der hinter sich zurücke ließ

Das ganze Kettenlabyrinth:

Genesen ist er jeder Qual.


91

Verstehende erheben sich,

Voll Ekel an der Häuslichkeit:

Wie Schwäne fort vom Sumpfe ziehn,

Verlassen frei sie Haus und Hof.


92

Der Gang der Fülle-Fliehenden,

Ernährung klar Erkennenden,

Im Leeren, Unbeschreiblichen,

Erlösenden Verweilenden:

Gleichwie der Vögel Himmelsflug

Ist schwer erfindbar derer Gang.


93

Der Pfad des Wahnerloschenen,

Des Atzung-Unabhängigen,

Im Leeren, Unbeschreiblichen,

Erlösenden Verweilenden:

Gleichwie der Vögel Himmelsflug

Ist schwer erfindbar dessen Pfad.


[637] 94

Den Heitern, dessen Sinne sanft geworden

Wie Wagenlenkers wohlbezähmte Rosse,

Den Dünkelledigen, den Wahnerlösten:

Die Götter selbst beneiden einen solchen.


95

Der Erde gleich, die niemals zornig wird,

Wie Steingetäfel unerregbar stark,

Hell durchsichtig wie schlammgeklärter See:

Kein solcher kehrt zurück ins Wandelsein.


96

Gestillt ist seines Herzens Sinn,

Gestillt das Wort, gestillt die Tat

Des weisheitklar Vollendeten,

Des friedestillen Heiligen.


97

Wer keinem Hörensagen traut,

Wer weiß, was unvergänglich ist,

Und das Vergängliche vertilgt:

Der Raum und Zeit Zermalmende,

Der Willenswahn-Entsündigte

Ist wahrlich allerhöchster Held.


98

Sei's nah' dem Dorfe nah' dem Wald,

Sei's in der Ebne, im Gebirg:

Die Stätte wo ein Heil'ger weilt,

Ist ein entzückend schöner Ort.


99

Entzückend ist der Waldesgrund,

Wo sich die Menge nicht ergetzt,

Ergetzen gierlos Heil'ge sich:

Sie jagen nicht den Lüsten nach.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 636-638.
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